Entwickelt wurde EDM durch die Initiative Europeana, mit dem Ziel, Museen, Bibliotheken, Archiven und weiteren Gedächtnisinstitutionen einen interoperablen Rahmen für die nachhaltige Dokumentation und Vernetzung ihrer digitalen Bestände zu bieten. EDM fördert den offenen Zugang zu Wissen, indem Daten heterogener Herkunft auf einer flexiblen, strukturierten Basis vereinheitlicht und institutionenübergreifend semantisch verbunden werden.
EDM basiert auf bewährten Prinzipien des Semantic Web. Es handelt sich nicht um ein starres Schema, sondern um ein erweiterbares Datenmodell, das das detaillierte Verknüpfen von Objekten, deren digitalen Repräsentationen, beteiligten Akteuren, Orten, Ereignissen und Kontexten ermöglicht. Diese Offenheit unterstützt sowohl klassische Kulturgüter als auch born-digital Objekte.
Zentrale Konzepte und Struktur des EDM
EDM arbeitet mit klar abgegrenzten RDF-Graphen, um Originale, deren Aggregationen und digitale Repräsentationen differenzierbar zu halten. Die wichtigsten EDM-Klassen sind:
- edm:ProvidedCHO (Cultural Heritage Object): Repräsentiert das zentrale Objekt der Beschreibung, unabhängig davon, ob physisch oder born-digital, beispielsweise ein Gemälde, Buch, Datensatz oder digital geschaffenes Werk.
- ore:Aggregation: Bringt das Kulturerbeobjekt mit seinen digitalen Repräsentationen und zugehörigen Metainformationen in einen Aggregationskontext. Sie verweist etwa auf digitale Objekte, Rechteangaben und Bereitstellungsinformationen.
- edm:WebResource: Beschreibt verschiedene digitale Repräsentationen des Objekts, wie Bilder, Audio, Videos oder PDF-Scans.
- edm:Agent: Steht für Akteure - Personen, Organisationen oder Institutionen - die in Entstehung, Pflege oder Verbreitung des Objekts eingebunden sind.
- edm:Place: Definiert relevante Orte im Zusammenhang mit dem Kulturgut, wie Entstehungsort, Auffindeort oder Schauplätze von Ereignissen.
- edm:TimeSpan: Schlüsselt relevante Zeitintervalle zur Kontextualisierung auf (zum Beispiel Entstehungszeit).
- edm:Event: Beschreibt spezifische Ereignisse im Lebenszyklus eines Kulturobjekts, wie Erwerb, Ausstellung oder Restaurierung.
- edm:Concept: Repräsentiert thematische Schlagworte, Sachgebiete oder Konzepte, zumeist normiert über kontrollierte Vokabulare.
- edm:PhysicalThing: Ermöglicht die explizite Beschreibung physischer Einheiten, insbesondere bei komplex zusammengesetzten Beständen.
Zwischen diesen Entitäten werden Beziehungen über RDF-Tripel hergestellt, was das Abbilden komplexer semantischer Netze ermöglicht. EDM setzt explizit auf Erweiterbarkeit, indem eigene Felder und kontrollierte Vokabulare ergänzt werden dürfen, sofern sie dokumentiert sind und die Interoperabilität wahren.
Eine Übersichtsgrafik (zum Beispiel das Europeana EDM-Klassendiagramm) veranschaulicht, wie diese zentralen Klassen miteinander verknüpft werden.
Unterschiede zu Vorgängermodellen und anderen Standards
EDM wurde als Weiterentwicklung und Ergänzung bestehender Metadatenstandards wie Dublin Core, OAI-ORE und SKOS entworfen - diese Standards werden direkt als Bausteine genutzt. Das frühere Europeana Semantic Elements (ESE) Modell erlaubte nur flache, relationsarme Metadaten. EDM hingegen modelliert Beziehungen, Kontexte und digitale Repräsentationen explizit und nutzt dazu unterschiedliche RDF-Graphen, um Aggregation, Original und Repräsentationen strikt zu trennen. ESE-Datensätze werden weiterhin akzeptiert, aber im Backend automatisch nach EDM transformiert.
Anders als Dublin Core oder vergleichbare „Flachformate“ ist EDM modular, semantisch ausdrucksstark und für das Linked Data-Prinzip optimiert. Im Gegensatz dazu bilden viele lokale Formate, wie MARC21, LIDO oder EAD, vor allem lokale Erfassungsbedürfnisse ab, während EDM gezielt internationale Interoperabilität schafft.
EDM ist explizit offen für die Nutzung externer Normdatenquellen (wie GND, VIAF, Wikidata), zwingt oder erzwingt dies jedoch technisch nicht - die Verwendung solcher Daten liegt in der jeweiligen Datensatzgestaltung.
EDM im Informationsmanagement
Für Museen, Bibliotheken, Archive und informationstragende Institutionen bietet EDM eine zentrale Grundlage für nachhaltiges Metadatenmanagement. Besonders relevant ist EDM bei der Veröffentlichung und Verbreitung digitaler Sammlungen über nationale und internationale Portale wie Europeana. Auch innerhalb von Forschungsinformationssystemen, Aggregationsplattformen oder Softwarelösungen zur Datenanreicherung ist EDM ein wesentlicher Standard.
EDM wird selten als natives Format zur Datenerfassung verwendet. In den meisten Fällen erfassen Institutionen ihre Daten im lokalen System und transformieren sie - oft in komplexen, von Informationsverlust begleiteten Prozessen - in EDM, um sie austauschfähig zu machen.
Diese Transformation erfordert eine präzise Planung, ein genaues Mapping und umfangreiche Qualitätssicherungsmaßnahmen, da zum Beispiel Datenfelder, Beziehungen oder Normdaten nicht immer eindeutig konvertierbar sind. Für Europeana-Partner ist EDM das verbindliche Austauschformat, aber lokale Systeme bleiben meist unabhängig davon strukturiert.
Anwendungsmöglichkeiten und typische Use Cases
EDM ermöglicht:
- Die Veröffentlichung und Vernetzung heterogener Sammlungen auf Portalen wie Europeana.
- Die Anreicherung von Datensätzen durch externe Normdaten und Linked Data-Ressourcen.
- Die Unterstützung von Mehrsprachigkeit und Verlinkung, etwa auf Wikidata oder Wikipedia.
- Interinstitutionelle Kooperationen, gemeinsame Datenbestandsentwicklung und Forschungsinformationssysteme.
- Den Einsatz erweiterter Präsentationsdienste über IIIF (International Image Interoperability Framework). IIIF ermöglicht etwa Zoom-, Vergleichs- und Annotationstools für Digitalisate. Die Einbindung erfolgt typischerweise über Felder wie edm:isShownBy.
- Flexible Erweiterungen um neue Medientypen, Nachnutzungs- und Kontextinformationen.
Datenqualität, Validierung und Mapping-Guidelines
EDM-Daten unterliegen strengen Qualitätsanforderungen und werden von der Europeana Foundation nach validierten Mapping-Guidelines geprüft. Diese Dokumentationen beschreiben präzise, wie beispielsweise Felder aus LIDO, MARC21 oder EAD auf EDM-Klassen abzubilden sind.
Die Transformation ist anspruchsvoll: Informationsverluste und Inkonsistenzen sind möglich, insbesondere bei komplexen Relationen, Individualnamen oder mehrsprachigen Objekttiteln.
Europeana stellt Validierungsservices und Prüfungstools bereit, um Felder, Beziehungen und Normdatennutzung zu kontrollieren. Aggregatoren übernehmen zentrale Rollen bei der Kontrolle, Aggregierung und Zertifizierung der Daten.
EDM und die FAIR-Prinzipien
EDM folgt den FAIR-Prinzipien für Forschungsdaten: Findable (auffindbar), Accessible (zugänglich), Interoperable (kompatibel) und Reusable (wiederverwendbar). Dies wird etwa durch URIs, offene Lizenzen, Mehrsprachigkeit, Linked Data-Integration und die Nutzung standardisierter Vokabulare unterstützt.
Lizenzierung, Rechte und Offenheit
EDM sieht explizit Felder für Rechteinformationen vor (z. B. edm:rights, dcterms:rights, cc:License). Dabei können unterschiedliche Werte und Vokabulare genutzt werden. Die klare Deklaration von Lizenzen und Verwendungsmöglichkeiten ist essenziell für rechtssichere Nachnutzung. Europeana stellt große Teile ihrer Metadaten offen bereit; auf die digitalen Repräsentationen (z. B. Bilder) erstreckt sich diese Offenheit allerdings meist nicht, da die Rechte weiterhin bei den beitragenden Institutionen verbleiben.
EDM und Linked Open Data
Durch die Nutzung global eindeutiger normierter Identifier (URIs, zumeist HTTP-URIs) fügt EDM Kulturdaten automatisch in das Linked Open Data-Ökosystem ein. Strukturelle und semantische Standardisierung ermöglicht die maschinenlesbare, übergreifende Verknüpfung von Informationen. Europeana unterstützt öffentliche Nachnutzung und die Anbindung an externe offene Datenressourcen, während Rechte an den digitalen Objekten selbst bei den Lieferanten verbleiben.
Zusammenwirken von EDM mit anderen Standards
EDM ist bewusst als verbindende Schicht zu bestehenden Metadatenstandards und -formaten wie LIDO, MARC21, CIDOC CRM und EAD konzipiert. Mappings (z. B. mit den von Europeana bereitgestellten Mapping-Guidelines) ermöglichen die Transformation lokaler Metadaten auf das EDM-Schema. Gleichzeitig gibt es Einschränkungen, etwa bei semantischer Eindeutigkeit (Disambiguierung) von Entitäten oder der Darstellung komplex verschachtelter Provenienzinformationen.
Community, Governance und Weiterentwicklung
Die Weiterentwicklung und Standardisierung des EDM werden von der Europeana Foundation koordiniert. Arbeitsgruppen („Task Forces“, „Working Groups“) aus der Community treiben Anpassungen, Integration neuer Anwendungsfälle (wie Provenienz, neue Medientypen oder IIIF-Support) sowie die laufende Aktualisierung der Dokumentation voran. Die Governance ist offen, partizipativ und transparent dokumentiert.
Beispiel für einen einfachen EDM-Datensatz (Turtle-Notation)
@prefix edm: <http://www.europeana.eu/schemas/edm/> .
@prefix dcterms: <http://purl.org/dc/terms/> .
@prefix ore: <http://www.openarchives.org/ore/terms/> .
<http://example.org/aggregation/1>
a ore:Aggregation ;
edm:aggregatedCHO <http://example.org/cho/1> ;
edm:isShownBy <http://example.org/image/1.jpg> ;
edm:rights <http://creativecommons.org/publicdomain/mark/1.0/> .
<http://example.org/cho/1>
a edm:ProvidedCHO ;
dcterms:title "Gemälde: Der Lesende" ;
dcterms:creator <http://viaf.org/viaf/123456> .
Häufige Fragen zu Europeana Data Model (EDM)
Was unterscheidet EDM von Flachformaten wie Dublin Core oder dem alten ESE-Modell?
EDM bildet nicht nur Objektbeschreibungen ab, sondern strukturiert explizit Beziehungen, Kontexte, digitale Repräsentationen und Ereignisse. Dies geschieht auf Basis von Semantic-Web-Technologien (RDF). Verglichen mit Flachformaten ist EDM modular, ausdrucksstark und fördert die nachhaltige, institutionenübergreifende Vernetzung.
Muss ich meine lokalen Daten direkt im EDM-Format vorhalten?
Nein. Die meisten Institutionen verwalten Metadaten im eigenen, systemübergreifenden Format und transformieren diese nach Bedarf in EDM. Das Mapping ist ein eigener, komplexer Schritt im Aggregationsprozess. Für den Austausch mit Europeana ist EDM aber verbindlich.
Warum arbeitet EDM mit unterschiedlichen RDF-Graphen?
Durch separate RDF-Graphen für das Kulturobjekt, die Aggregation und die digitalen Repräsentationen können verschiedene Perspektiven, Rechte und Informationen klar getrennt und präzise miteinander verknüpft werden. Das unterstützt Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Daten.
Wie werden Normdaten und kontrollierte Vokabulare im EDM eingebunden?
EDM empfiehlt nachdrücklich, externe Normdaten (z. B. GND, VIAF, Wikidata) und kontrollierte Vokabulare (SKOS, FOAF) als URIs zu nutzen. Dies verbessert Vernetzung, Eindeutigkeit und die Nachnutzung Ihrer Daten. Die technische Umsetzung liegt jedoch beim Datenlieferanten.
Welche Rechte- und Lizenzfelder gibt es im EDM?
Für die Angabe von Rechten steht insbesondere edm:rights zur Verfügung, daneben dcterms:rights und verschiedene bemerkenswerte Lizenzvokabulare wie cc:License. Alle Lizenzinformationen sollten eindeutig, maschinenlesbar und öffentlich dokumentiert sein, damit die Daten rechtssicher veröffentlichbar sind.
Was ist IIIF und wie wird es in EDM integriert?
IIIF (International Image Interoperability Framework) ist ein offener Standard für die Präsentation, den Austausch und die Annotation von Bildern. EDM integriert IIIF-Ressourcen typischerweise über edm:isShownBy, sodass Digitalisate aus Kulturdatenbanken dynamisch eingebunden und visualisiert werden können.
Welche typischen Herausforderungen bestehen beim Mapping auf EDM?
Mapping lokaler Formate auf EDM kann anspruchsvoll sein: Es besteht das Risiko von Datenverlust, Mehrdeutigkeit (Disambiguierung) und Inkonsistenzen. Spezifische Mapping-Guidelines, Validierungstools und fachliche Beratung helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen.
Welche Rolle spielt EDM im FAIR-Data-Kontext?
EDM unterstützt die Umsetzung der FAIR-Prinzipien. Die Nutzung von normierten Identifikatoren, offenen Metadaten und standardisierten Vokabularen ermöglicht Auffindbarkeit, Zugänglichkeit, Interoperabilität und Wiederverwendbarkeit Ihrer Kulturdaten.
Wer kann bei der Umsetzung von EDM unterstützen?
Aggregatoren, nationale und thematische Fachstellen sowie die Europeana Foundation selbst bieten Beratung, Prüfmechanismen und Mapping-Dokumentationen. Viele Unterstützungsangebote sind offen online verfügbar, zum Beispiel auf pro.europeana.eu.
Wo finde ich weitere Informationen zu EDM und Mapping-Guidelines?
Offizielle Dokumentationen finden Sie unter https://pro.europeana.eu/page/edm-documentation. Dort stehen auch aktuelle Weiterentwicklungen, Task Forces und Validierungstools zur Verfügung.