MARC21

MARC21 ist ein international anerkannter Standard zur Strukturierung, Speicherung und zum Austausch bibliografischer Daten, der vor allem im Bibliothekswesen, aber auch in Archiven, Museen und anderen Gedächtnisinstitutionen Anwendung findet.

Produkt:
Bibliotheken

Als Herzstück der Katalogisierung sorgt MARC21 dafür, dass Informationen über Bücher, Zeitschriften, audiovisuelle Medien und digitale Objekte in einer maschinenlesbaren und standardisierten Form erfasst werden. Damit bildet MARC21 die Grundlage für die effiziente Bestandsverwaltung, den internationalen Austausch von Metadaten und die nahtlose Interoperabilität moderner Informationsmanagementsysteme.

Was bedeutet MARC21?

MARC steht für „Machine-Readable Cataloging“, also „maschinenlesbare Katalogisierung“. Die „21“ im Namen bezieht sich auf das 21st Century (21. Jahrhundert) und signalisiert die Weiterentwicklung des Formats in eine neue Ära der Bibliotheksautomation. Im Ursprung wurde MARC in den 1960er Jahren von der Library of Congress in den USA entwickelt (USMARC) und diente zuerst der US-amerikanischen Katalogisierung. Später wurden Varianten, wie CANMARC (Kanada) und UKMARC (Großbritannien), entwickelt. Im Jahr 1999 wurden diese unterschiedlichen nationalen Varianten in MARC21 zusammengeführt, um internationale Kompatibilität zu schaffen.

MARC21 definiert eine klar strukturierte Datenarchitektur. Felder, Unterfelder und standardisierte Codes ermöglichen die systematische und weltweit anschlussfähige Speicherung von bibliografischen und normativen Informationen. Dies ist die Basis für den Datenaustausch zwischen Institutionen und die Zusammenarbeit über Sprach- und Systemgrenzen hinweg.

Aufbau und technische Struktur von MARC21

MARC21-Datensätze sind formal klar strukturiert und für eine maschinelle Verarbeitung optimiert. Ein MARC21-Datensatz setzt sich aus folgenden Hauptkomponenten zusammen:

  • Leader: Ein 24-stelliges Feld am Datensatzanfang, das grundlegende Informationen über Struktur und Verarbeitung des Datensatzes enthält.
  • Directory: Ein Verzeichnis, das die Position und Länge sämtlicher Felder im Datensatz angibt.
  • Felder: Jeder Datensatz besteht aus nummerierten Feldern, die spezifische Informationen enthalten (z. B. 100 für Personennamen, 245 für Haupttitel, 264 für Veröffentlichungsangaben und 650 für Schlagwörter).
  • Indikatoren: Zwei Zeichen am Anfang eines jeden Feldes definieren, wie das Feld zu interpretieren ist.
  • Unterfelder: Jedes Feld kann in Unterfelder gegliedert werden, die durch spezielle Codes (z. B. $a, $b, $c) abgegrenzt sind und gezielte Detailinformationen bieten.
  • Wiederholbarkeit: Viele Felder und Unterfelder lassen sich mehrfach im selben Datensatz verwenden, was die Abbildung komplexer Sachverhalte, Mehrsprachigkeit und unterschiedliche Rollen ermöglicht.

Beispiel: Bei der Katalogisierung eines Buchs wird im Feld 100 der Name des Autors (sofern vorhanden), im Feld 245 der Haupttitel und im Feld 264 die Angaben zum Verlag und Veröffentlichungsort dokumentiert. Für Herausgeberschaften, anonymen Werken oder Kollaborationen stehen weitere Felder, etwa 700 oder 110 (Körperschaften), zur Verfügung.

Historischer Hintergrund und Varianten

Ursprünglich als USMARC in den USA entwickelt, setzte sich MARC rasch international durch. In vielen Ländern entstanden eigene Varianten. Die Zusammenführung zu MARC21 1999 ermöglichte einen einheitlichen internationalen Austausch. Parallel existiert UNIMARC, das speziell für internationale Katalogisierungsprojekte entwickelt wurde, insbesondere im Kontext des European Library Automation Group (ELAG) und für die Zusammenarbeit europäischer Nationalbibliotheken.

Datenaustauschformate und -implementierungen

MARC21 ist in mehreren technischen Austauschformaten verfügbar:

  • MARC21 for Bibliographic Data (Communications Format): Das klassische zeichenbasierte Austauschformat für den Import und Export zwischen Bibliothekssoftware und Verbundsystemen.
  • MARCXML: Eine XML-basierte Implementierung für moderne Datentransfers und Webanwendungen.
  • MARC in JSON: Neuere Entwicklungen bieten MARC-Datensätze in JSON-Strukturen für die Nutzung in webbasierten oder cloudbasierten Plattformen.

MARC21 und Katalogisierungsregelwerke

MARC21 liefert das technische Gerüst für Datensätze, trifft aber keine Aussagen über den inhaltlichen Erfassungsprozess. Hierfür werden Regelwerke wie RDA (Resource Description and Access) oder früher AACR2 verwendet. Beispielsweise bestimmt RDA, welche Informationen bei einem Medium erfasst werden sollen und in welcher Form. MARC21 organisiert, wie diese Informationen maschinenlesbar codiert werden. Mit dem Wechsel von RAK/AACR2 zu RDA (in Deutschland ab 2015) wurde beispielsweise das Feld 264 für Veröffentlichungs-, Vertriebs-, Herstellungs- und Copyrightangaben eingeführt, das heute das vormals gängige Feld 260 vielfach ersetzt hat.

Anwendungsbereiche von MARC21

MARC21 ist nicht auf klassische Bibliotheken beschränkt. Heute wird der Standard genutzt in:

  • Wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken
  • Spezial- und Firmenbibliotheken
  • Archiven und Museen (z. B. bei der Erfassung von Sammlungsobjekten)
  • Nationalbibliotheken und Verbundkatalogen
  • Speziellen Informationsmanagementsystemen, Datenanreicherungs-Tools und Plattformen für Normen- und Parlamentsdokumentation

Vorteile und Herausforderungen bei der Nutzung von MARC21

Vorteile:

  • Interoperabilität: Weltweit akzeptierte Standards erlauben den Austausch und die Zusammenführung von Beständen.
  • Präzision und Flexibilität: Die umfangreiche Feldstruktur ermöglicht die detaillierte Erfassung unterschiedlichster Medientypen und Szenarien.
  • Integration mit Normdaten: MARC21 bietet spezialisierte Felder (z. B. 100 $0 für Normdaten-Links), um Systeme wie GND (Gemeinsame Normdatei) oder LCSH (Library of Congress Subject Headings) einzubinden.
  • Automatisierbarkeit: Die klare Struktur unterstützt eine weitgehende Automatisierung der Katalogisierung, Metadatenpflege und Recherche.

Herausforderungen:

  • Komplexität: Die Fülle an Feldern, Indikatoren und Unterfeldern erfordert umfassende Fachkenntnisse und Einarbeitung.
  • Technische Hürden: Die Byte-orientierte Codierung (im klassischen MARC21 Communications Format) erschwert Verständlichkeit und Fehlerdiagnose für Einsteiger.
  • Pflege und Aktualisierung: Neue Medienarten und Inhalte erfordern kontinuierliche Anpassung an aktuelle Standards und Regelwerke.
  • Transformation Richtung Linked Data: Die Entwicklung von BIBFRAME (Bibliographic Framework) als zukünftigem Nachfolger, um MARC-Daten für das Semantic Web zu öffnen, zeigt die Grenzen klassischer MARC-Strukturen im Kontext moderner Datenlandschaften auf.

Best Practices für die Arbeit mit MARC21

  • Zielführende Schulung: Sichern Sie die Grundkenntnisse in MARC21 und relevanten Regelwerken innerhalb des Teams. Praktische Übungen an Realdaten erleichtern die Anwendung.
  • Aktualität und Anpassungsfähigkeit: Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Katalogisierungsprozesse und eingesetzte Software die aktuellen MARC21-Felder und Erweiterungen (z. B. Feld 264, Nutzung von Normdatenfeldern) unterstützen.
  • Standardisierte Datenerfassung: Legen Sie verbindliche Arbeitsanweisungen und Vorlagen fest, um konsistente und qualitätsgesicherte Datensätze zu erzeugen.
  • Automatisierte Validierung: Nutzen Sie Softwarelösungen, die MARC21-Daten automatisiert auf Vollständigkeit, formale Plausibilität und Normdatenkonformität prüfen.
  • Sinnvolle Nutzung lokaler Felder: Für institutseigene Informationen bieten sich lokale Felder, häufig im 9XX-Bereich, an. Diese gehören nicht zum offiziellen Standard und sollten dokumentiert und in der internen Nutzung abgestimmt sein.

MARC21 im Kontext der Normendaten und Weiterentwicklung

Die Verknüpfung von bibliografischen Beschreibungen mit Normdaten (z. B. GND, VIAF, LCSH) wird durch spezielle Subfields erleichtert. Moderne Katalogisierung nutzt zunehmend Linked-Data-Ansätze, um bibliografische Daten mit externen Ressourcen aus dem Web zu verbinden. Die fortschreitende Entwicklung von BIBFRAME und anderen Nachfolgeprojekten signalisiert einen Wandel von MARC-Strukturen hin zu flexibleren Datenmodellen der digitalen Wissensgesellschaft.

Typische Missverständnisse zu MARC21

  • MARC21 ist kein Datenbankmanagementsystem: Es regelt ausschließlich die Strukturierung und maschinenlesbare Beschreibung von Katalogisierungsdaten. Die Speicherung und Verwaltung erfolgen durch spezialisierte Datenbanksysteme oder Bibliothekssoftware.
  • Nicht jedes Feld ist obligatorisch: MARC21 enthält sowohl Pflicht- als auch zahlreiche optionale Felder. Katalogisierende Einrichtungen wählen die für ihren Zweck sinnvollen Felder aus.
  • Individuelle Erweiterungen: Lokale Felder im Bereich 9XX sind nicht Teil des offiziellen MARC21-Standards, sondern dienen ausschließlich zur internen Anpassung an lokale Anforderungen.
  • MARC21 verschlüsselt keine Daten: Vielmehr strukturiert es Informationen mit standardisierten Feldern, Indikatoren und Unterfeldern.
  • ISBD und RDA sind keine Alternativen zu MARC21: ISBD definiert Darstellungsvorschriften für die Anzeige von bibliografischen Daten, RDA ist ein Regelwerk zur inhaltlichen Erfassung. Beide werden typischerweise mit MARC21 in Kombination eingesetzt.

Häufige Fragen zu MARC21

Was unterscheidet MARC21 von anderen bibliografischen Formaten?

MARC21 ist weltweit verbreitet und für die maschinelle Katalogisierung optimiert. Es ist jedoch kein Katalogisierungsregelwerk, sondern dient als Datenträgerformat. Formate wie UNIMARC kommen vor allem in international kooperierenden Systemen zum Einsatz. Regelwerke wie RDA oder ISBD werden ergänzend angewendet und legen fest, welche Inhalte wie und wo in MARC21-Felder eingetragen werden.

Ist MARC21 auch für kleine Bibliotheken oder spezialisierte Einrichtungen geeignet?

Ja, MARC21 eignet sich für Organisationen jeder Größe, da es eine große Bandbreite an Feldern bietet, von sehr einfachen bis zu hochspezialisierten Beschreibungen. Bibliotheksmanagementsysteme übernehmen dabei die technische Komplexität und ermöglichen eine benutzerfreundliche Bedienung auch für kleinere Teams.

Wie können individuelle Anforderungen abgebildet werden, die MARC21 nicht standardmäßig vorsieht?

Institutionsspezifische Informationen lassen sich in lokalen Feldern (häufig im 9XX-Bereich) abbilden. Diese Felder sind nicht im offiziellen MARC21-Standard enthalten und dienen ausschließlich der internen Nutzung; sie sollten deshalb im lokalen Kontext eindeutig dokumentiert werden.

Mit welchen Dateiformaten kann MARC21 verarbeitet und ausgetauscht werden?

MARC21-Daten können im klassischen MARC Communications Format, als MARCXML und in modernen Ansätzen auch als MARC-in-JSON verarbeitet oder zwischen Systemen übertragen werden. Dadurch ist der Import und Export zwischen verschiedenen Softwarelösungen, nationalen und internationalen Katalogen möglich.

Wie verhält sich MARC21 im Vergleich zu BIBFRAME und Linked Data?

Während MARC21 auf strukturierte, feldbasierte Datensätze setzt, ist BIBFRAME darauf ausgelegt, bibliografische Daten als Linked Data für das Semantic Web bereitzustellen. Die laufende Entwicklung von BIBFRAME markiert einen Paradigmenwechsel in der bibliografischen Erschließung, dennoch bleibt MARC21 zurzeit das dominierende Austauschformat im internationalen Bibliothekswesen.

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