International ist der Standard fast inhaltsgleich als ISO 23950 normiert. Z39.50 wurde speziell dafür entwickelt, Interoperabilität im Bibliotheksmanagement zu gewährleisten. Damit können Sie Katalogdaten recherchieren und übernehmen - auch wenn Ihre Systeme unterschiedlich aufgebaut sind.
Das Protokoll bleibt ein zentrales Werkzeug in zahlreichen Bibliotheks- und Dokumentationssystemen - insbesondere immer dann, wenn Kooperationspartner unterschiedliche oder auch historisch gewachsene IT-Landschaften betreiben. Zwar entspricht Z39.50 nicht den Prinzipien moderner Webprotokolle, bleibt für viele Integrationsszenarien und in Bestandsanwendungen aber wertvoll.
Historische Entwicklung und Bedeutung
Die Entstehung von Z39.50 reicht bis ins Jahr 1988 zurück. Die Version 3, veröffentlicht 1995, ist bis heute maßgeblich im Praktikum. Z39.50 bildete die Grundlage für internationale Katalogisierungsprojekte und die standortübergreifende Fernleihe.
Viele bedeutende Systeme - darunter der WorldCat-Katalog oder nationale Verbundkataloge - stützen sich weiterhin auf Z39.50. Mit dem Standard wuchs die Möglichkeit, überregional Katalogdaten zu recherchieren und zu übernehmen. Neue Alternativen sind im Kommen, dennoch ist Z39.50 in bestehenden Infrastrukturen weiterhin relevant.
Die Standardisierung von Z39.50 ist zwar abgeschlossen, wird aber weiterhin durch die Library of Congress als Maintenance Agency dokumentiert und gepflegt.
Wie funktioniert Z39.50?
Z39.50 basiert auf einem Client-Server-Modell. Ihre Bibliotheksanwendung arbeitet als Z39.50-Client und stellt Suchanfragen an einen Z39.50-Server, der die Anfrage verarbeitet und Trefferlisten zurückliefert. Die Kommunikation erfolgt dabei über strukturierte Datenobjekte im Rahmen des Protokolls. Es werden also sowohl Steuerdaten als auch bibliografische Nutzdaten übertragen.
Die abzurufenden Daten werden dabei in Formaten wie MARC21, MAB, UNIMARC oder anderen übertragen. Z39.50 definiert keine eigenen Datenformate, sondern ermöglicht auf der Anwendungsschicht (OSI-Schicht 7, typischerweise über TCP-Port 210) die Übermittlung einer Vielzahl von Formaten, wie sie zwischen den Systemen abgestimmt sind.
Kernfunktionen des Protokolls umfassen:
- Katalogrecherche: Sie können fremde Bibliothekskataloge direkt aus Ihrem System durchsuchen.
- Übernahme strukturierter Daten: Treffer lassen sich in Formaten wie MARC21 oder MAB importieren und weiterverarbeiten.
- Feldspezifische und attributbasierte Suche: Die Suche erfolgt gezielt über bestimmte Felder (wie Titel, Autor, ISBN) und nutzt Attributsets wie „Bib-1“, die Suchtyp, Relation, Position, Struktur und Trunkierung spezifizieren.
- Vielfältige Anfragetypen: Neben Type 1 Query (Standard für boolesche Suchen) gibt es weitere Query Types, z. B. Type 101, die für spezielle Anwendungsfälle relevant sind.
Z39.50 unterstützt grundsätzlich Unicode über ASN.1/BER-Encoding. In der Praxis hängt die tatsächliche Unterstützung jedoch stark vom jeweiligen System und den genutzten Kodierungen ab (beispielsweise MARC-8, UTF-8, ISO-8859-1), was beim Datenaustausch beachtet werden sollte.
Technische Besonderheiten und Limitierungen
- Keine integrierte Synchronisationsfunktion: Z39.50 ist auf Suche und Datenabruf ausgelegt. Automatisierte Synchronisations- oder Aktualisierungsmechanismen, Dublettenprüfungen oder Bestandsabgleiche werden außerhalb des Protokolls realisiert.
- Kodierungs- und Zeichensatzprobleme: Technisch ist Unicode-Unterstützung möglich, jedoch sind viele reale Implementierungen auf spezifische Kodierungen begrenzt oder unterscheiden sich in der Handhabung von Sonderzeichen und Nicht-Lateinschriften.
- Sicherheitsaspekte: Es ist keine standardmäßige Verschlüsselung oder moderne Authentifizierung vorgesehen. Verschlüsselung ist jedoch durch zusätzliche Mechanismen (beispielsweise über SSL/TLS) nachrüstbar, muss aber explizit implementiert werden.
- Interoperabilitäts- und Kompatibilitätsprobleme: Unterschiede bei unterstützten Suchattributen, Datenformaten und Zeichencodierungen können Probleme verursachen. Eine enge Abstimmung zwischen Client und Server ist unabdingbar.
- Performancegrenzen: Bei der Verarbeitung großer Datenmengen kann es zu Verzögerungen kommen, gerade im Vergleich zu modernen Webdiensten.
- Port-Konfiguration: Standardmäßig wird Port 210 verwendet; abweichende Einstellungen sind jedoch möglich.
- Protokoll- und Datenformatunabhängigkeit: Z39.50 schreibt keine konkreten Datenformate vor, sondern ermöglicht die Übertragung unterschiedlichster Formate nach Absprache.
Grundlegende Z39.50-Operationen im Überblick
Typische Anwendungsgebiete von Z39.50
Z39.50 ermöglicht den Datenaustausch und die Recherche im klassischen Bibliotheksmanagement und im Forschungsinformationsmanagement. Beispiele typischer Anwendungsszenarien:
- Katalogisierung: Import von geprüften Daten aus externen Katalogen senkt den Aufwand und erhöht die Qualität.
- Recherche und Fernleihe: Direkte Recherche und Anforderung von Medien über Verbundsysteme.
- Verbundkataloge: Grundlage vieler Gemeinschaftskataloge und kooperativer Bestandsverzeichnisse.
- Integration historischer und moderner Systeme: Schnittstelle zwischen etablierten und neuen Informationsmanagementsystemen.
- Proxy- und Gateway-Nutzung: Einsatz von Z39.50-Proxys und Gateways, um die Schnittstelle mit Webdiensten (z. B. OAI-PMH oder SRU/SRW) und modernen Discovery-Systemen zu verbinden.
Integration in moderne Informationssysteme
In aktuellen Softwarelösungen ist Z39.50 eine von mehreren Schnittstellen. Neue Architekturen setzen zudem auf Webtechnologien wie SRU/SRW (Search/Retrieval via URL/Web Service) oder OAI-PMH für Metadatenernte.
Oft werden mehrere Protokolle parallel betrieben, um die Kompatibilität mit alten und neuen Systemen sicherzustellen. Ansätze wie Middleware, Metasuchsysteme oder Harvesting-Software integrieren Z39.50, um Bibliotheksbestände systemübergreifend zugänglich zu machen. Viele Lösungen erlauben eine stufenweise Migration von Z39.50 zu moderneren Technologien.
Best Practices für die Nutzung von Z39.50
Wenn Sie Z39.50 einsetzen möchten, bewähren sich folgende Vorgehensweisen:
- Passende Software einsetzen: Nutzen Sie eine Anwendung mit flexibel konfigurierbarer Z39.50-Schnittstelle. Überprüfen Sie zudem die Kompatibilität mit Formaten, Attributen und Kodierungen.
- Berechtigungen klären: Achten Sie auf ggf. notwendige Zugangsvereinbarungen; offene Server werden zunehmend seltener.
- Importkontrolle: Prüfen Sie übernommene Daten auf Konsistenz, Feldausprägungen und Kodierungen.
- Gezielte Attributsuche: Nutzen Sie die Möglichkeiten von Such- und Filterattributen, etwa das Bib-1 Attribute Set mit seinen Parametern (Benutzung, Relation, Position, Struktur, Trunkierung, Completeness) für präzise Suchstrategien.
- Explain-Funktion einsetzen: Erfragen Sie, welche Felder und Operationen der Zielserver unterstützt und wenden Sie diese Informationen gezielt für Ihre Suchen an.
- Team schulen: Schulen Sie Ihr Team in Zeichensätzen, Anfragetypen und Reaktionsweisen bei Datenkonflikten.
- Testzugänge nutzen: Richten Sie Testumgebungen ein, da Konfigurationsunterschiede zwischen Servern immer wieder zu Fehlern führen können.
Alternative Protokolle und zukünftige Entwicklungen
SRU/SRW und OAI-PMH gelten als moderne Alternativen zu Z39.50 und erlauben eine webbasierte, sichere und Unicode-freundliche Suche und Datenübertragung. Immer häufiger laufen diese Schnittstellen ergänzend oder als Teil einer Übergangsstrategie.
Spezielle Erweiterungen wie das Bath Profile sorgen dafür, dass sich komplexe Suchabfragen auch auf verschiedenartigen Systemen möglichst einheitlich ausführen lassen. Entwicklungen wie Linked Data und Semantic Web bieten zudem Schnittstellen zu Z39.50, auch wenn die Standardisierung hier noch im Fluss ist.
Die bedeutendsten Gremien (z. B. NISO oder ISO-Normen) haben die Standardisierung formal abgeschlossen. Die Library of Congress betreibt jedoch weiterhin eine zentrale Dokumentation und stellt Tools, Testmöglichkeiten sowie Kompatibilitätschecks zur Verfügung. Das Z39.50 Interoperability Testbed und öffentliche Mailinglisten unterstützen weiterhin bei der Fehlersuche und Implementierung.
Beispiele für Z39.50-Anfrageabläufe
Eine typische Z39.50-Sitzung läuft in mehreren Schritten ab:
- Initiation: Verbindung zum Server wird aufgebaut.
- Search (Suche): Eine Anfrage (zum Beispiel nach Titel „Umweltschutz“) wird gestellt, etwa mit einem Type 1 oder Type 101 Query.
- Present: Nach erfolgreicher Suche fordern Sie die vollständigen Metadatensätze für gefundene Titel an, passend zum gewünschten Datenformat (z. B. MARC21).
- Optional: Nutzung der Scan- oder Explain-Operation für weitergehende Indexabfragen oder zur Ermittlung der nutzbaren Felder.
Die Auswahl der Datenformate, Felder und Suchattribute ist konfigurierbar und meist beim Zielsystem dokumentiert.
Unterstützte Softwareprodukte
Die Lösungen von GLOMAS für Bibliotheksmanagement, oder Forschungsprojekte ermöglichen eine umfangreiche Nutzung der Z39.50-Schnittstellen. Sie gewährleisten damit eine enge Anbindung an externe und bestehende Fremdsysteme, unabhängig von Datenformaten und Plattformen.
Häufige Fragen zu Z39.50
Was ist der Unterschied zwischen Z39.50 und bibliografischen Datenformaten wie MARC21?
Z39.50 ist das Übertragungsprotokoll, das die Abfrage und Übertragung von Datensätzen steuert. MARC21, MAB und UNIMARC sind hingegen die bibliografischen Formate, in denen die Inhalte bereitgestellt werden.
Ist Z39.50 noch zeitgemäß?
Z39.50 erfüllt weiterhin wichtige Aufgaben beim Anschluss an gewachsene Systeme, insbesondere beim Datenaustausch mit älteren Katalogen und Verbundsystemen. Für moderne Anforderungen bieten sich oft SRU/SRW oder OAI-PMH an. Beide Protokolle können jedoch auch komplementär genutzt werden.
Welche technischen Anforderungen gibt es für die Nutzung von Z39.50?
Sie benötigen eine Software mit eingebautem Z39.50-Client. Meist werden zudem Zugangsdaten, Rechte und eine passende Konfiguration in Bezug auf Port, Zeichencodierung und Datenformate vorausgesetzt.
Wie sicher ist der Datenverkehr über Z39.50?
Z39.50 selbst bietet keine native Verschlüsselung oder moderne Authentifizierung. Sie können jedoch (sofern von beiden Seiten unterstützt) die Übertragung über SSL/TLS absichern oder alternative Protokolle mit erhöhter Sicherheit wählen.
Wie finde ich heraus, ob eine Institution Z39.50-Zugänge anbietet?
Viele Institutionen machen ihre Zugangsdaten inzwischen nicht mehr öffentlich. Wenden Sie sich an Ihren Systemanbieter, die jeweilige Bibliothek oder recherchieren Sie auf Übersichtsseiten wie IRSpy oder in einschlägigen Mailinglisten.
Wo liegen die größten Hürden in der praktischen Anwendung?
Die Herausforderungen betreffen vor allem unterschiedliche Zeichencodierungen, Formatinkonsistenzen, Zugriffsrechte und die unterstützten Suchattribute. Testumgebungen, Konfigurationsmanagement und Teamfortbildung sind daher entscheidend.
Worin unterscheiden sich Z39.50 und Z39.84?
Z39.50 ist ein Netzwerkprotokoll zur Abfrage und Übertragung von bibliografischen Daten. Z39.84 ist dagegen eine Spezifikation für strukturierte Identifikatoren elektronischer Ressourcen (SICI), also ein ganz anderes Anwendungsgebiet.
Welche Community-Ressourcen stehen zur Fehlersuche und Implementierung zur Verfügung?
Öffentliche Mailinglisten (z. B. Z39.50 Implementers Group), Foren, das Interoperability Testbed der Library of Congress sowie Dokumentationen und Tutorials bieten praktische Unterstützung und Umsetzungstipps.
Welche Rolle spielt Z39.50 in den Informationssystemen von GLOMAS?
GLOMAS verbindet historische und moderne Datenquellen durch flexible Z39.50-Schnittstellenarchitekturen mit aktuellen Webtechnologien. So profitieren Sie von maximaler Interoperabilität und Zukunftsfähigkeit für Ihre Informationsinfrastrukturen.