Durch die stetig wachsenden, fachlich vielfältigen Bestände entstand die Notwendigkeit, eine differenzierte Systematik zu schaffen. Ihre Struktur ist besonders für große wissenschaftliche, Forschungs- und Spezialbibliotheken international geeignet, vor allem in den USA, Kanada, Australien sowie in weiteren Ländern.
Im deutschsprachigen Raum hingegen sind meist nationale oder regionale Systeme wie die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) verbreitet.
Historischer Hintergrund und Entwicklung der LCC
Die Entwicklung der LCC begann ab 1897 als Reaktion auf die speziellen organisatorischen Anforderungen der Library of Congress. Das System wurde ab 1902 schrittweise eingeführt und wird seither kontinuierlich erweitert und gepflegt.
Die LCC orientiert sich stark an der englischsprachigen Wissenschaftslandschaft. Sie löste ältere, weniger leistungsfähige Systeme ab, wie etwa das Dewey-System, das für die komplexen Bestände der Library of Congress nicht ausreichte.
Aufbau, Hauptklassen und Subklassen der LCC
Das LCC-System verwendet eine alphanumerische Notation, die sich aus Buchstaben (Hauptklassen und Subklassen) sowie Zahlen zusammensetzt. Die Hauptklassen bestehen aus 21 Buchstaben von A bis Z, wobei einige Buchstaben nicht belegt sind. Jeder Hauptklasse sind Subklassen und Zahlenbereiche zugeordnet, die eine immer feinere Untergliederung ermöglichen. Hier eine detaillierte Übersicht einiger wichtiger LCC-Klassen und Subklassen:
Nicht alle Buchstaben (zum Beispiel I, O, W, X, Y) sind belegt, und viele Hauptklassen werden über Subklassen weiter differenziert.
Die Einteilung erlaubt eine hierarchische Gliederung. Ein typisches Beispiel:
QA76.73.J38
- Q: Wissenschaft
- QA: Mathematik, Informatik
- 76.73: Themenfeld Programmiersprachen
- .J38: Cutter-Nummer für „Java“ (stellt eine kodierte Zuordnung nach Autor, Titel oder Thema dar)
Die Cutter-Nummer, meist nach Autoren- oder Titelinitialen gebildet, sorgt für die eindeutige Unterscheidung einzelner Werke und Feinsortierung bei gleichen Fachgebieten. Das „Shelf Listing“ legt die Reihenfolge der Medien in den Regalen fest, indem alle Aspekte einer Notation (Fachgebiet, Cutter, Erscheinungsjahr) kombiniert werden.
LCC in der bibliothekarischen Praxis
Die Vergabe von LCC-Notationen erfordert spezialisiertes bibliothekarisches Wissen. Katalogisierende analysieren Inhalt, Form und Kontext eines Mediums, wählen die passende Haupt- und Subklasse sowie Nummerierung und ergänzen individuelle Cutter-Nummern. Die vollständigen Regeln und Schedules sind durch die Library of Congress frei online zugänglich; für komfortablere Werkzeuge wie „Classification Web“ werden jedoch Lizenzen benötigt.
In wissenschaftlichen Bibliotheken findet die LCC nicht nur für Printmedien, sondern auch bei digitalen Medien, E-Books oder Forschungsdaten Anwendung - vorausgesetzt, die eingesetzte Bibliotheksmanagement-Software unterstützt die alphanumerische Struktur und die nötigen Schnittstellen, wie MARC21 oder BIBFRAME.
Die physische Regalaufstellung folgt der LCC-Notation, sodass Werke verwandter Themen zusammen und in logisch nachvollziehbarer Reihenfolge stehen. Durch das ausgefeilte Shelf Listing behalten auch sehr große Bestände ihre Ordnung und Übersichtlichkeit.
Anders als die LCC kümmert sich das Schlagwortsystem LCSH (Library of Congress Subject Headings) unabhängig von der Notation um die inhaltliche Erschließung nach Sachbegriffen, wird aber in den USA häufig parallel genutzt.
Vorteile und Herausforderungen der LCC im Bibliotheksmanagement
Vorteile
- Hohe Differenzierung: Die LCC bietet eine tiefgehende granularisierte Klassifizierung, insbesondere für große wissenschaftliche oder Spezialbestände.
- Internationale Akzeptanz: In Forschungsbibliotheken vieler Länder gilt die LCC als Standard, erleichtert daher den Datenaustausch.
- Skalierbarkeit: Neue Wissenschaftsgebiete und Subdisziplinen können einfach ergänzt werden.
- Datenvernetzung: Moderne Softwaresysteme und Formate (wie MARC21 oder BIBFRAME) sind auf die LCC ausgelegt und ermöglichen vielseitige Anwendungen, etwa in Discovery-Systemen.
Herausforderungen
- Komplexität: Die Notationsvergabe verlangt hohe Fachkompetenz und ist aufwendig.
- Sprachliche Fokussierung: Die Systematik basiert auf der englischen Fachsprache, was für nicht-englischsprachige Institutionen eine Hürde sein kann.
- Kritikpunkte: Es gibt Schwierigkeiten bei der Darstellung neuer, interdisziplinärer oder nicht westlich geprägter Forschungsthemen.
- Pflegeaufwand: Die laufende Aktualisierung und Anpassung der Bestände erfordert erhebliche Ressourcen.
- Limitierte Adoption in Europa: In zentral- und westeuropäischen Ländern (wie Deutschland, Österreich, Schweiz) sind oft nationale Alternativen gebräuchlicher.
- Technologische Anpassung: Migration aus anderen Systemen, etwa DDC, UDC oder RVK, ist mit erheblichem Aufwand verbunden.
Hierbei ist zu beachten, dass die LCC-Schedules samt Outline und grundlegenden Informationen frei über die Webseite der Library of Congress verfügbar sind. Lizenzpflichtig sind allein benutzerfreundliche Tools für Recherche oder automatische Klassifikation. Die Systematik selbst ist gemeinfrei („public domain“).
Vergleich mit anderen Klassifikationssystemen
Im internationalen wissenschaftlichen Umfeld ist die LCC weit verbreitet. In öffentlichen Bibliotheken dominiert hingegen meist die Dewey Decimal Classification (DDC). In deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken wird überwiegend die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) eingesetzt. Weitere Alternativen sind die Universelle Dezimalklassifikation (UDC) sowie zahlreiche fachspezifische oder lokale Ordnungen.
Die DDC ist rein numerisch aufgebaut und eher für kleinere und mittlere Bibliotheken geeignet. Die RVK entspricht eher den Gepflogenheiten und Bedürfnissen deutschsprachiger Einrichtungen und ist stark auf die Literatur- und Wissenschaftslandschaft Europas zugeschnitten.
Technische Umsetzung, Tools und Ressourcen
Die LCC-Notation ist in allen führenden bibliothekarischen Austauschformaten integriert, darunter MARC21 und BIBFRAME. Zahlreiche Bibliotheksmanagementsysteme und Integrationsplattformen unterstützen diese Struktur, sowohl für physische als auch digitale Medien.
Für die Arbeit mit der LCC gibt es vielfältige technische Werkzeuge:
- Kostenlose Ressourcen: Die vollständige Outline sowie viele Details der LCC-Schedules sind auf der Website der Library of Congress frei zugänglich.
- Recherche- und Klassifikationstools: „Classification Web“ (lizenzpflichtig) bietet komfortable Recherche und laufende Updates, daneben gibt es Open-Web-Tools und Foren.
- Schnittstellen und Datenformate: Standards wie MARC21 und BIBFRAME gewährleisten die interoperable Verwaltung der LCC-Daten innerhalb moderner Bibliothekssysteme.
Bibliothekarisches Personal kann Schulungen und Fortbildungen zur LCC-Katalogisierung absolvieren. Diese werden überwiegend von Berufsverbänden, Fachhochschulen oder Universitäten angeboten, nicht von der Library of Congress selbst als Zertifikatsprogramme.
Praktische Hinweise für Einführung und Migration
- Fachschulungen: Bauen Sie Kompetenzen im Umgang mit der LCC-Systematik auf. Spezielle Weiterbildungsangebote unterstützen den Einstieg.
- Integrationsstrategie: Setzen Sie Bibliotheksmanagement-Software mit Schnittstellen zu LCC und ergänzenden Formaten (MARC21, BIBFRAME) ein.
- Regelmäßige Aktualisierung: Passen Sie Ihre Klassifikationen regelmäßig an veränderte Strukturen und neue Ausgaben der Schedules an.
- Vergleich und Auswahl: Prüfen Sie vor der Einführung, wie sich die LCC im Vergleich zu anderen Systemen wie RVK, UDC oder DDC eignet - Mischlösungen sind in der Praxis häufig.
- Nutzerorientierte Ausgestaltung: Bieten Sie den Nutzenden Navigationshilfen, beispielsweise thematische Suchbäume oder verständliche Erläuterungen der LCC-Struktur in Ihrem Katalog.
Bei der Umstellung von DDC, UDC oder anderen Systemen auf die LCC können Mappings helfen, verlangen aber Sorgfalt bei der Übertragung feiner inhaltlicher Differenzierungen.
LCC im digitalen Zeitalter und moderne Herausforderungen
Die Bedeutung der LCC reicht heute weit über die klassische Regalordnung hinaus. Viele Discovery-Systeme, Suchmaschinen und Linked-Data-Anwendungen integrieren die LCC zur inhaltlichen Vernetzung und Verbesserung der Recherche. Gleichwohl wird die LCC teils für ihre eingeschränkte Flexibilität bei neuen oder interdisziplinären Feldern oder bei der internationalen Adaption kritisiert.
Der ständige Wandel in Wissenschaft und Forschung führt zu laufenden Modifikationen der Schedules und verlangt eine regelmäßige Aktualisierung im lokalen Bibliotheksmanagement. Für Rückfragen und Erfahrungsaustausch bieten sich internationale Communitys, Mailinglisten und offene Foren an.
Häufige Fragen zur Library of Congress Classification (LCC)
Was unterscheidet die LCC von der Dewey Decimal Classification (DDC) und der RVK?
Die LCC basiert auf einer Kombination von Buchstaben und Zahlen und gliedert sich streng nach Fachbereichen. Die DDC arbeitet nur mit Zahlen und ist für kleinere Bibliotheken und den öffentlichen Bereich beliebt. Die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) ist weitgehend in deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken etabliert und bildet die europäische Fächerstruktur besonders stark ab.
Wie funktioniert die Notationsvergabe in der LCC?
Fachkräfte beraten sich mit den offiziellen Schedules, wählen die passende Haupt- und Subklasse, vergeben spezifische Zahlen und kombinieren dies mit Cutter-Nummern. Diese kodieren in der Regel Autor, Titel oder Thema zur weiteren Unterscheidung und helfen bei der Feinsortierung im Regal.
Welche Vorteile bietet die LCC für Bibliotheken?
Die LCC erlaubt eine hochdifferenzierte, exakte und international verständliche Klassifikation wissenschaftlicher Medienbestände. Sie ist besonders effizient bei großen und vielschichtigen Beständen.
Wo wird die LCC konkret genutzt?
LCC wird in nahezu allen großen wissenschaftlichen und Spezialbibliotheken in den USA eingesetzt, ebenso in Kanada, Australien, Südafrika, einigen europäischen Spezialbibliotheken sowie in internationalen Organisationen und Forschungsinstitutionen.
Welche Rolle spielt die LCC im digitalen Bibliotheksmanagement?
LCC-Notationen sind ein wesentlicher Bestandteil moderner digitaler Bibliotheksmanagementlösungen. Sie ermöglichen eine strukturierte Datenhaltung, effiziente Recherche, Bestandsverwaltung und Vernetzung mit Informationssystemen (z. B. Forschungsdatenbanken, Discovery-Systeme).
Wie zugänglich sind die LCC-Schedules und welche Hilfsmittel gibt es?
Die aktuelle Outline und viele Details sind über die Library of Congress Website frei zugänglich. Für besondere Recherchehilfen oder automatische Klassifikation stehen darüber hinaus lizenzierte Produkte wie „Classification Web“ sowie Open-Web-Alternativen zur Verfügung.
Gibt es Unterstützung oder Schulungen zum Umgang mit der LCC?
Schulungen werden regelmäßig von Berufsverbänden, Fachhochschulen oder Universitäten angeboten. Austausch und Unterstützung findet sich in Communitys, Mailinglisten und internationalen Fachdiskussionen.
Welche Herausforderungen bestehen bei der Nutzung und Pflege der LCC?
Die laufende Pflege ist aufwendig, das System sehr komplex und stark auf englischsprachige Wissenschaften optimiert. Interdisziplinäre Themen oder internationale Anpassungen können schwierig sein.
Gibt es Ressourcen für die Umstellung oder parallele Nutzung mit anderen Systemen?
Es existieren Mappingtabellen und Leitfäden etwa für die Umstellung von DDC, RVK oder UDC auf die LCC. In der Praxis werden oft parallele Klassifikationen und Schlagwortsysteme genutzt, um möglichst große Flexibilität zu erreichen.
Wo finde ich weiterführende Informationen und Communitys zur LCC?
Die offizielle Webseite der Library of Congress bietet umfassende Dokumentationen, die Outline, Tutorials und Kontakt zu Expertengruppen. Darüber hinaus gibt es nationale und internationale Mailinglisten sowie Foren für den fachlichen Austausch.