RVK

Die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) ist ein bedeutendes System zur systematischen Erschließung und Ordnung von Beständen, das primär in wissenschaftlichen Bibliotheken im deutschsprachigen Raum Anwendung findet.

Produkt:
Bibliotheken

Sie dient der inhaltlichen Gliederung großer und heterogener Medienbestände und erleichtert für Nutzende den zielgerichteten Zugang zu Literatur und Fachinformationen.

Historischer Hintergrund und Entwicklung der RVK

Die RVK wurde 1962 an der Universitätsbibliothek Regensburg mit dem Ziel entwickelt, ein umfassendes Klassifikationssystem für wissenschaftliche Bibliotheken zu schaffen, das die Erfassung und Recherche nach thematischen Gesichtspunkten unterstützt. Seitdem wurde das System kontinuierlich ausgebaut, auf weitere Bibliotheken ausgedehnt und im Rahmen eines regionalen sowie überregionalen Verbunds gepflegt. Die wachsende Vielfalt der zu erschließenden Medien und Themenbereiche führte zu einer fortgesetzten Erweiterung und Optimierung der Klassifikation.

Das zentrale RVK-Koordinationsbüro an der Universitätsbibliothek Regensburg steuert heute die konzeptuelle Weiterentwicklung, Koordination und Pflege der RVK. Es ist unter anderem für die Erarbeitung und Aufnahme neuer Notationen, die Qualitätssicherung sowie den regelmäßigen Austausch mit den beteiligten Bibliotheken zuständig.

Was ist die RVK?

Die RVK versteht sich als fachübergreifende Klassifikation, die Medien wie Bücher, Zeitschriften, E-Books und teilweise auch andere Medientypen nach inhaltlichen Kriterien einordnet. Ziel ist es, relevante Literatur und Informationsquellen für die Nutzung schnell auffindbar zu machen. Besonders in Forschungs- und Universitätsbibliotheken spielt die RVK eine zentrale Rolle bei der Erschließung, Präsentation und Recherche von Medien.

Der steigende Umfang und die zunehmende Komplexität der Informationsangebote in wissenschaftlichen Bibliotheken erhöhen den Stellenwert der RVK: Sie unterstützt eine strukturierte Navigation durch große Bestände, erleichtert den standortübergreifenden Austausch und ermöglicht die vergleichbare Erschließung innerhalb von Verbünden.

Aufbau und Struktur der RVK

Die RVK verfügt über eine komplexe Systematik, die eine sowohl hierarchische als auch polyhierarchische Gliederung von Wissensgebieten vorsieht. Fachgebiete sind in Hauptgruppen (buchstabencodiert) und weitere Unterebenen (nummerncodiert) unterteilt. Dabei sind Mehrfachzuordnungen (Polyhierarchien), insbesondere bei interdisziplinären oder grenzüberschreitenden Themen, ausdrücklich vorgesehen. Diese Flexibilität ermöglicht eine präzise und zeitgemäße Abbildung des aktuellen Wissensstandes – auch wenn sie zu Überschneidungen führen kann.

Die Struktur umfasst folgende Elemente:

  • Fachgliederung: Das gesamte Wissensspektrum wird in Hauptgruppen (z. B. PN für Soziologie) gegliedert, die wiederum thematisch und numerisch weiter differenziert sind. Notationen wie PN 6000 kennzeichnen beispielsweise Themen aus dem Bereich "Soziologie: Migration (Allgemeines über Migration)".
  • Notation: Die RVK-Notation besteht aus einer Buchstabenkombination für das Hauptfachgebiet und einer Ziffernfolge zur Feingliederung. Diese Kombination ergibt eine eindeutige Kennzeichnung für jedes erschlossene Thema.
  • Polyhierarchie und Mehrfachzuordnung: Medien können in mehreren Kategorien verzeichnet werden, was eine differenzierte Erschließung fachübergreifender Publikationen erlaubt.
  • Fortlaufende Anpassung: Unter Leitung des RVK-Koordinationsbüros wird das System kontinuierlich aktualisiert und um neue Themenbereiche ergänzt. Überarbeitungen erfolgen auf Basis von Community-Beiträgen und aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen.
  • Sprachliche Ausgestaltung: Die Notationslisten und Dokumentationen sind in erster Linie in deutscher Sprache verfügbar. Englische Übersetzungen existieren zum Teil für Hauptgruppen, sind jedoch nicht durchgängig umgesetzt.

Über Online-Ressourcen wie die RVK-Online-Notationensuche können Sie gezielt nach Notationen recherchieren und aktuelle Notationslisten herunterladen. Die offizielle Webseite (rvk.uni-regensburg.de) bietet weiterführende Materialien, Downloads und Supportangebote.

Vorteile und Herausforderungen der RVK für Bibliotheken

Der Einsatz der RVK unterstützt die Arbeit von Bibliotheksleitungen, Fachpersonal und Nutzenden in vielen Aspekten:

  • Effiziente Bestandserschließung: Die strukturierte Notationsvergabe erleichtert die systematische Erschließung und Pflege umfangreicher Sammlungen. Bibliothekarinnen und Bibliothekare dokumentieren Zugänge, Umlagerungen und Aussonderungen kontrolliert. Moderne Bibliotheksmanagementsoftware bietet automatisierte Vorschläge, jedoch erfolgt die finale Prüfung und Zuordnung in der Regel durch das Fachpersonal.
  • Intuitive Recherche: Die Sacherschließung ermöglicht es Nutzenden, sich systematisch und themenbezogen durch Bestände zu bewegen – sowohl online als auch bei der physischen Aufstellung im Regal oder bei der virtuellen Präsentation im Katalog.
  • Förderung von Zusammenarbeit: Die RVK schafft eine gemeinsame Basis zur Erschließung und Verwaltung von Medien in Bibliotheksverbünden. Der Austausch bibliographischer Daten und die Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Klassifikation werden dadurch erleichtert. Einschränkungen bestehen allerdings in der Interoperabilität: Die RVK ist nicht eins-zu-eins mit alternativen Systemen wie DDC, UDC oder der Basisklassifikation (BK) kompatibel. Mapping-Tools und Schnittstellen helfen, Übersetzungen zwischen den Systemen zu realisieren, stoßen aber bei Details an ihre Grenzen.
  • Innovative Technik-Integration: Bibliotheksmanagementlösungen unterstützen die RVK durch Schnittstellen zur GND, Verwaltung von RVK-Notationen und Integration von Datenupdates. Die technische Implementierung ermöglicht halbautomatische Workflows, stets unter Einbezug fachlicher Kontrolle. Automatische Vorschlags- und Validierungsfunktionen helfen, die Erschließung effizienter zu gestalten, ersetzen jedoch nicht die Qualitätssicherung durch qualifiziertes Personal.

Herausforderungen:

  • Die RVK deckt zahlreiche Wissensgebiete ab, die Granularität ist jedoch bei bestimmten Medientypen wie audiovisuellen oder sehr speziellen digitalen Ressourcen eingeschränkt. Hier greifen Bibliotheken mitunter auf ergänzende Systeme zurück.
  • Die Erschließung neuer, interdisziplinärer oder rasch entstehender Themen ist eine fortlaufende Aufgabe, die durch aktive Community-Beteiligung, Vorschlagswesen und Arbeitsgruppen unterstützt wird.
  • Unterschiedliche Bibliothekstypen, spezifische lokale Anforderungen und technische Infrastrukturen erfordern individuelle Anpassungen und Lösungsansätze.

Technische Aspekte und Integration in Bibliothekssoftware

Die RVK ist für die maschinelle Verarbeitung konzipiert und in zahlreichen Bibliotheksmanagementsystemen einsetzbar. Typische Funktionen sind:

  • Schnittstellen zu gängigen Normdaten (z. B. GND)
  • Mapping und Export/Import von Datensätzen
  • Übernahme von Notationen aus Zentralsystemen des Verbundes
  • Anbindung an RVK-Online-Tools zur Notationsrecherche und -vergabe

Für digitale Medien und komplexe Datenströme entwickelt sich die Integration laufend weiter, wobei auch die Herausforderungen bei der feingranularen Erschließung berücksichtigt werden.

Vergleich mit anderen Klassifikationssystemen

Die RVK unterscheidet sich in ihrer Ausrichtung und Struktur von anderen verbreiteten Klassifikationssystemen. Ein kurzer Überblick:

  • Dewey Decimal Classification (DDC): International weit verbreitet, basiert auf einer dezimalen numerischen Systematik und wird häufig in öffentlichen Bibliotheken eingesetzt. Sie ist im deutschsprachigen Raum in wissenschaftlichen Bibliotheken weniger dominant als die RVK.
  • Universelle Dezimalklassifikation (UDC): Stark hierarchisch, weltweit einsetzbar, bevorzugt für Spezialbibliotheken und z. T. für technische Dokumentationen.
  • Basisklassifikation (BK): Vor allem für öffentliche Bibliotheken und kleine bis mittlere wissenschaftliche Bibliotheken entwickelt, betont eine einfache Steuerung und Integration in Verbundkataloge.

Jedes System hat eigene Schwerpunkte, Strukturierungsprinzipien und Einsatzfelder. Die RVK ist besonders für größere, wissenschaftlich ausgerichtete Bibliotheken mit breiten und fachspezifischen Beständen geeignet.

Best Practices zur Anwendung der RVK

Für die erfolgreiche Nutzung der RVK empfehlen sich folgende Maßnahmen:

  • Regelmäßige Systempflege: Halten Sie den Bestand durch periodische Aktualisierung der Notationen auf dem neuesten Stand. Das RVK-Koordinationsbüro informiert über Änderungen und Erweiterungen, die jederzeit eingearbeitet werden sollten.
  • Effiziente Softwareintegration: Nutzen Sie Bibliotheksmanagementsysteme, die eine umfassende Unterstützung der RVK bieten, einschließlich aktueller Updates, Vorschlags- und Validierungsfunktionen. Die fachliche Endkontrolle sollte jedoch durch Ihr qualifiziertes Personal erfolgen.
  • Schulungen und Fortbildungen: Informieren Sie Ihr Team durch gezielte Fortbildungen zur RVK-Anwendung. Hierfür bieten Universitätsbibliotheken, der RVK-Verbund und verschiedene Fachgruppen Online-Tutorials und Präsenzkurse an. Für Nutzende ermöglichen kurze Schulungen oder Hinweise im Katalog einen leichteren Einstieg in die thematische Suche.
  • Erfahrungsaustausch und Community-Beteiligung: Treten Sie im Verbund in Austausch mit anderen Bibliotheken, bringen Sie eigene Praxisbeispiele ein und nehmen Sie am Vorschlagswesen oder an Arbeitsgruppen zur Weiterentwicklung der RVK teil.
  • Beispiele aus der Praxis: Die RVK kann sowohl für die physische Aufstellung von Medien (thematisch sortierte Regale) als auch für die virtuelle Präsentation im Katalog verwendet werden.

Rechtliche Aspekte und Nutzungsbedingungen

Die RVK steht unter einer offenen Lizenz (Creative Commons BY-SA), die die kostenfreie Nutzung in Bibliotheken, für Forschungszwecke und bei individuellen Projekten ermöglicht. Weiterführende Informationen und Downloadmöglichkeiten sind auf der offiziellen Webseite der Regensburger Verbundklassifikation verfügbar. Support- und Hilfestrukturen werden durch das Koordinationsbüro bereitgestellt.

Unterstützung und Support

Bei Fragen zur Erschließung, zu spezifischen Erschließungsregeln oder bei Herausforderungen mit neuen Themenfeldern stehen Ihnen die Mitarbeitenden des RVK-Koordinationsbüros sowie eine aktive Community zur Verfügung. Darüber hinaus existieren Arbeitsgruppen und Mailinglisten für tiefergehenden Austausch.

Häufige Fragen zur RVK

Was bedeutet die Abkürzung RVK?

RVK steht für „Regensburger Verbundklassifikation“. Sie ist ein System zur thematischen Erschließung von Medienbeständen, das im wissenschaftlichen Bibliothekswesen im deutschsprachigen Raum weit verbreitet ist.

Für welche Bibliotheken ist die RVK sinnvoll?

Die RVK ist besonders für wissenschaftliche und größere wissenschaftlich ausgerichtete Bibliotheken empfehlenswert. In großen Öffentlichen Bibliotheken kommt sie seltener zum Einsatz.

Wie finde ich die RVK-Notation eines bestimmten Mediums heraus?

In Bibliothekskatalogen werden RVK-Notationen häufig beim jeweiligen Medium angezeigt, sofern die Bibliothek die Notation offen ausweist. Sie können auch die offizielle RVK-Onlinesuche nutzen, um die passende Notation zu recherchieren.

Wie erfolgt die Vergabe einer RVK-Notation?

Die Notation wird von fachlich qualifiziertem Bibliothekspersonal vergeben. Moderne Bibliothekssoftware unterstützt diesen Prozess durch Vorschlagsfunktionen, aber die endgültige Entscheidung obliegt in der Regel dem Fachpersonal.

Ist die RVK auch für digitale und audiovisuelle Medien geeignet?

Die RVK kann grundsätzlich für alle Medientypen eingesetzt werden. Für digitale Medien wie E-Books ist sie etabliert; bei nicht-textuellen Medien (z. B. Audiovisuelle Inhalte) können Granularität und Praxistauglichkeit jedoch eingeschränkt sein. In der Praxis werden je nach Medientyp auch alternative Klassifikationssysteme verwendet.

Ist der Zugang zur RVK kostenfrei?

Ja, die Nutzung und Integration der RVK ist grundsätzlich kostenfrei möglich. Downloads, Dokumentationen und Online-Tools finden Sie auf der offiziellen Webseite der Regensburger Verbundklassifikation.

Wie oft wird die RVK aktualisiert?

Das RVK-Koordinationsbüro überprüft und aktualisiert die Systematik kontinuierlich, neue Sachgebiete und Änderungswünsche werden laufend eingepflegt.

Gibt es Möglichkeiten zur Mitwirkung oder für Community-Beiträge?

Bibliothekarinnen, Bibliothekare und andere Interessierte können sich am Vorschlagswesen beteiligen, Arbeitsgruppen beitreten oder eigene Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge an das Koordinationsbüro richten. Weitere Informationen dazu bietet die offizielle Webseite der RVK.

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