Numerus currens

Der Begriff Numerus currens bezeichnet ein fortlaufendes Nummerierungsprinzip, das in Bibliotheken, Archiven, Museen und anderen dokumentierenden Institutionen zur eindeutigen Identifikation von Beständen eingesetzt wird.

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Bibliotheken

Jedes neu aufgenommene Buch, Dokument oder digitale Medium erhält – unabhängig von Titel, Autor oder Thema – eine einzelne, fortlaufend vergebene Nummer. In der Praxis können Medien zusätzliche Kennzeichnungen für Standort oder Thema erhalten, um die Wiederauffindbarkeit zu unterstützen. Numerus currens bietet eine transparente, chronologische Übersicht über den Bestand und vereinfacht die Inventarisierung. Für eine thematische Suche ist jedoch in der Regel die Ergänzung durch weitere Ordnungssysteme erforderlich.

Etymologie und historische Entwicklung

Die Bezeichnung „Numerus currens“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „laufende Nummer“. Ursprünglich wurde dieses Ordnungsprinzip bereits in frühen Archiven, Registraturen und später in Museumsinventaren verwendet, um Bestände fortlaufend, unabhängig von ihrem Inhalt, zu erfassen. Erst mit dem Aufkommen größerer Bibliotheken im 19. und 20. Jahrhundert etablierte sich Numerus currens auch im Bibliothekswesen als Methode zur lückenlosen Dokumentation des Bestandszugangs.

Was ist Numerus currens?

Numerus currens ist kein vollständiges Ordnungssystem, sondern ein Ordnungsprinzip, bei dem jedes neu eingehende Objekt in der Reihenfolge seines Zugangs eine fortlaufend vergebene, individuelle Nummer erhält. Diese Nummer ist ausschließlich chronologisch und nicht thematisch motiviert: Sie spiegelt wider, zu welchem Zeitpunkt das Medium in den Bestand aufgenommen wurde.

Durch den konsequenten Einsatz lassen sich Bestandsbewegungen nachvollziehen und Dubletten in der Nummerierung werden – sofern die Verwaltung sorgfältig arbeitet – vermieden. Die Numerierung wird am häufigsten für kleinere bis mittlere Bestände, Abteilungen oder Spezialbestände angewandt und seltener als primäre Struktur großer wissenschaftlicher Sammlungen genutzt.

Vorteile und Herausforderungen im Informationsmanagement

Numerus currens bietet zahlreiche Vorteile für Bibliotheks-, Archiv- und Museumsverwaltung:

  • Eindeutigkeit und Übersicht: Jede Nummer ist einzigartig und verleiht jedem Objekt eine klare Identität, was die Verwaltung und Inventarisierung beschleunigt.
  • Prozessoptimierung: Die Nummernvergabe minimiert den initialen Arbeitsaufwand. Medien müssen thematisch nicht sofort erschlossen werden, sondern können später klassifiziert werden.
  • Chronologische Nachverfolgbarkeit: Der Zugang – und auch die Aussonderung – von Medien kann lückenlos dokumentiert werden. Das erleichtert Audits, Inventuren, rechtliche Nachweispflichten und die Rückverfolgung von Aussonderungen.
  • Automatisierung: Moderne Software kann die Nummernvergabe automatisieren, Sperren gegen Doppelvergabe einbauen und Bewegungen im Zusammenhang mit Ausleihe, Rückgabe oder Aussonderung protokollieren.

Neben diesen Vorteilen gibt es jedoch auch Herausforderungen:

  • Das System erschwert die inhaltliche Erschließung, da allein mit Numerus currens keine thematische Suche möglich ist.
  • Bei wenig sorgfältiger Pflege droht eine versehentliche Doppelvergabe oder Lücke in der Inventarnummerierung.
  • Insbesondere bei sehr großen Beständen kann die alleinige Nutzung des Prinzips unübersichtlich werden.
  • Bei Migrationen oder Digitalisierung alter Kataloge müssen Numerus-currens-Nummern korrekt übernommen und gepflegt werden, um die Historie zu erhalten.

Abgrenzung zu verwandten Prinzipien

  • Numerus fixus: Hier werden feste Nummernblöcke für bestimmte Bestandsgruppen vergeben, im Gegensatz zum reinen Durchzählen bei Numerus currens.
  • Themenbasierte Signaturensysteme: Bibliographische Systeme wie die Dewey-Dezimalklassifikation oder die Regensburger Verbundklassifikation ordnen Medien thematisch, nicht chronologisch.
  • Kombinierte Systeme: In der Praxis werden oft Standorts- oder Jahrgangsangaben mit der Nummer des Numerus currens verbunden, um die Organisation zu erleichtern.

Praktische Hinweise zur Vernummerung und Kennzeichnung

  • Nummernvergabe: Üblich sind numerische oder alphanumerische Formate, möglich sind auch Standort- oder Jahreskürzel in Verbindung mit der laufenden Nummer (z. B. 2023-00456 oder AB/003217).
  • Physische Kennzeichnung: Klassisch durch fortlaufende Stempel im Buch, Klebeetiketten, Barcode oder RFID, die Nummer gehört dadurch dauerhaft zum Objekt.
  • Digitale Erfassung: Die Nummer wird unmittelbar in das Bibliotheks-, Archiv- oder Museumsmanagementsystem übernommen und ist dort ein zentrales Inventarmerkmal.
  • Bestandsergänzungen: Werden Medien ausgesondert, bleibt die Nummer dauerhaft im System dokumentiert. Die entstandene Lücke wird nicht erneut vergeben, um den chronologischen Verlauf nachvollziehbar zu halten.

Best Practices für einen nachhaltigen Betrieb

  • Jede Nummer wird nur einmal vergeben: Auch nach Aussonderung bleibt die Nummer im System dokumentiert.
  • Lücken dokumentieren: Lücken infolge von Aussonderungen oder Verlusten werden ausdrücklich protokolliert.
  • Kombination mit weiteren Prinzipien: Ergänzen Sie Numerus currens stets mit Signaturen, Schlagworten, Standorten oder Klassifikationen für eine effektive Suche.
  • Umgang mit Migrationen: Bei der Einführung neuer IT-Systeme ist die vollständige und fehlerfreie Übernahme historischer Nummern ein Muss.
  • Dokumentationsrichtlinien: Vorgaben der Rechtssicherheit, Revisionsfähigkeit und Nachweispflicht müssen eingehalten werden – etwa durch revisionssichere Protokollierung und regelmäßige Backups.

Numerus currens in verschiedenen Institutionen

  • Bibliotheken: Numerus currens eignet sich vor allem für kleine bis mittelgroße Bibliotheken, Fachabteilungen oder Sonderbestände. In großen Bibliotheken wird es oft für Teilbestände, Magazinsammlungen oder nicht katalogisierte Medien eingesetzt.
  • Archive und Museen: Auch in Archiven und Museen dient das Prinzip der chronologischen, lückenlosen Inventarisierung und Nachweispflicht. Hier wird der Numerus currens häufig mit Standort- oder Depotkennzeichnungen kombiniert.
  • Verwaltungen und Registraturen: In Aktenverwaltungen oder Gemeinde- und Firmenarchiven hilft das Prinzip, die gesetzlich geforderte lückenlose Dokumentation und Rückverfolgbarkeit sicherzustellen.

Typische Fehlerquellen und Maßnahmen zur Fehlervermeidung

  • Doppelte Nummern: Lassen sich durch automatisierte Softwareprozesse und konsequente Protokollierung vermeiden.
  • Nicht dokumentierte Lücken: Eine strukturierte Aussonderungsdokumentation verhindert Fehlinterpretationen oder Schätzungen bei Bestandsprüfungen.
  • Unklare Kombinationen mit anderen Systemen: Klare Vorgaben und regelmäßige Schulungen verhindern Missverständnisse bei hybriden Ordnungssystemen.
  • Fehlende Sicherung bei Migrationen: Systemwechsel sollten immer durch Probeläufe und Backups vorbereitet werden, um Nummernverlust oder Verwechslungen auszuschließen.

Beispiele aus der Praxis

  • In Musikbibliotheken werden Notendrucke bei Zugang fortlaufend nummeriert, eigene Nummern signalisieren Erwerbungswellen.
  • Firmenarchive dokumentieren jedes neu eingehende Aktenstück fortlaufend per Numerus currens, verbunden mit Standort- oder Seriennummern.
  • In Museen werden Objekte, zum Beispiel Sammlungsgegenstände oder Kunstwerke, chronologisch nach Eingang katalogisiert.

Häufige Fragen zu Numerus currens

Was bedeutet Numerus currens wörtlich?

Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „laufende Nummer“. Es bezeichnet das Prinzip der fortlaufenden, einmaligen Nummernvergabe unabhängig vom Inhalt des Objekts.

Wie unterstützt Numerus currens die Organisation?

Die Eindeutigkeit der Nummerierung erlaubt eine zeitscharfe Zuordnung jedes Zugangs. Dadurch werden Inventuren, Aussonderungen und Recherchen nach Erwerbungsdaten vereinfacht und der Bestand kann transparent und revisionssicher geführt werden.

Kann Numerus currens mit anderen Ordnungssystemen kombiniert werden?

Ja, für die inhaltliche Erschließung ist die Kombination mit Standortangaben, Signaturensystemen oder thematischen Klassifikationen gängige Praxis. So bleibt der Bestand sowohl sachlich als auch chronologisch erschließbar.

Muss die laufende Nummerierung lückenlos sein?

Nein. In der Praxis entstehen Lücken, wenn Medien ausgesondert oder verloren werden. Die einmal vergebene Nummer wird nicht neu vergeben – so bleibt der fortlaufende Charakter der Dokumentation und die lückenlose Nachvollziehbarkeit für Audits oder Revisionen erhalten.

Welche Nummernformate sind üblich?

Gängig sind numerische Formate, aber auch Kombinationen mit Jahreszahlen, Standorten oder Abteilungskürzeln. Wichtig ist die eindeutige und nachvollziehbare Zuordnung – häufig wird ein Barcode oder RFID-Chip für die digitale Erfassung genutzt.

Ist Numerus currens für alle Bestände geeignet?

In kleineren und spezialisierten Einrichtungen ist es besonders praktikabel. In großen Bibliotheken oder Museen mit Millionen von Einheiten wird es häufig nur ergänzend oder für spezielle Teilbestände verwendet, da dort oft die inhaltliche Erschließung im Vordergrund steht.

Wie werden Numerus-currens-Nummern bei Systemwechseln migriert?

Hier kommt es auf gründliche Planung, sorgfältige Datenübernahme und Testläufe an. Historische Nummern werden vollständig ins neue System übertragen, um die Bestandskontinuität zu sichern.

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