Nachnutzung

Nachnutzung beschreibt im wissenschaftlichen Kontext die erneute Verwendung von Forschungsdaten, Publikationen oder wissenschaftlichen Ergebnissen durch Dritte, also Personen oder Institutionen, die nicht ursprünglich an der Erstellung beteiligt waren.

Produkt:
Forschungsdokumentation

Nachnutzung findet typischerweise außerhalb des ursprünglichen Forschungsprojekts und häufig mit neuen Fragestellungen oder Zielen statt. Im Unterschied dazu spricht man bei der erneuten Nutzung eigener Daten für fortlaufende oder themenverwandte Projekte meist von Wiederverwendung. 

Das Hauptziel der Nachnutzung ist es, den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zu maximieren, Ressourcen effizient zu nutzen, Innovationspotenziale zu erschließen und nachhaltig zur Wertschöpfung in Forschung, Gesellschaft und Wirtschaft beizutragen.

Abgrenzung der Begriffe

  • Nachnutzung: Nutzung von Forschungsdaten/Publikationen durch andere als die ursprünglichen Ersteller, oft für neue Zwecke.
  • Wiederverwendung: Mehrmalige Nutzung eigener Daten im Rahmen eigener Projekte.
  • Recycling: Verwendung alter Daten in modifizierter oder aufbereiteter Form.
  • Sekundärnutzung: Nutzung bestehender Daten durch andere Forschungsteams, z. B. im Rahmen von Meta-Studien oder zur Überprüfung und Replikation.

Eine klare Abgrenzung erleichtert die Planung von Projekten, die Entwicklung von Datenmanagementplänen und die Auswahl der richtigen Lizenzmodelle.

Bedeutung der Nachnutzung in Informationsmanagement-Systemen

Informationsmanagement-Systeme unterstützen Organisationen und Unternehmen bei der Verwaltung, Dokumentation und Vermittlung von Metadaten zu Projekten, Publikationen und Datensätzen. Sie zentralisieren nicht die Primärdaten selbst, sondern erfassen und erschließen diese über verlinkte Datenquellen.

Die Nachnutzung spielt in diesen Systemen eine zentrale Rolle: Sie ermöglicht Ihnen als Nutzerin oder Nutzer, relevante Forschungsressourcen für neue Fragestellungen oder Arbeitsprozesse zu identifizieren. Forschungsergebnisse werden auffindbar gemacht, können für neue Projekte, systematische Übersichten oder die externe Begutachtung herangezogen werden.

Die praktische Nachnutzung wird unterstützt durch:

  • Standardisierte Schnittstellen (APIs)
  • Metadaten gemäß internationaler Standards (z. B. DataCite)
  • Nutzung von Persistent Identifiers (z. B. DOI)
  • Offenlegungsrichtlinien
  • Unterstützung von FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable)

Informationsmanagement-Systeme schaffen damit die Voraussetzungen für eine offene, kollaborative Wissenschaft und einen effizienten Wissenstransfer in Organisationen, Wissenschaft und Verwaltung.

Beispiele zur Nachnutzung in der Praxis

Eine Biologin veröffentlicht den vollständigen Datensatz ihrer Untersuchung zu Wasservögeln mit detaillierten Metadaten und einer offenen Lizenz. Später nutzt ein unabhängiges Ökologie-Team exakt diesen Datensatz, um Langzeitvergleiche im Artenbestand an deutschen Seen zu ermöglichen. 

Durch die Nachnutzung spart das Nachfolgeteam erhebliche Kosten, die Forschungsumgebung wird transparenter und beide Teams erhalten zusätzliche Zitationen und Anerkennung.

Vorteile und Risiken der Nachnutzung

Nachnutzung bringt zahlreiche Chancen, aber auch Risiken mit sich.

Vorteile:

  • Effizienzsteigerung: Reduktion von Doppelarbeiten und Kosten, beschleunigte Projektstarts durch vorhandene Daten.
  • Innovation: Neue Analysen und Meta-Studien werden ermöglicht; bestehende Daten liefern Basis für fortschrittliche Forschungsansätze.
  • Transparenz: Nachvollziehbarkeit, Überprüfbarkeit und Replizierbarkeit von Forschungsergebnissen werden gestärkt.
  • Erhöhte Sichtbarkeit: Zitationen und Reichweite der genutzten Datensätze/Paper steigen, was positive Effekte auf die Reputation hat.
  • Förderung von Kooperation: Interdisziplinäre und institutionenübergreifende Zusammenarbeit wird vereinfacht.
  • Erfüllung von Open-Science-Policies: Förderung von Offenheit und Zugang zu Wissen dank Einhaltung von FAIR-Prinzipien oder Mandaten von Forschungsförderern.

Risiken und Herausforderungen:

  • Datenschutz: Personenbezogene oder vertrauliche Informationen unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen (z. B. DSGVO).
  • Urheberrecht: Rechte am Datenmaterial müssen eindeutig geklärt und durch passende Lizenzen geregelt werden.
  • Qualitätskontrolle: Unvollständig dokumentierte oder fehlerhafte Daten erschweren die Nachnutzung.
  • Rechtliche Unsicherheiten: Fehlende oder mehrdeutige Lizenzierungen führen zu Unsicherheiten auf Nutzerseite.
  • Finanzierungs- und Zuständigkeitsfragen: Pflege, Bereitstellung und Aktualisierung von Daten erfordern kontinuierliche Ressourcen.

Technische und organisatorische Voraussetzungen

Eine erfolgreiche Nachnutzung basiert auf bestimmten technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen:

  • Standardisierte Dateiformate: Nutzung gängiger, maschinenlesbarer Formate (z. B. CSV, XML, JSON).
  • Schnittstellen: Bereitstellung von APIs oder OAI-PMH zum erleichterten Zugriff.
  • Persistent Identifiers: Vergabe von DOIs oder anderen dauerhaften Identifizierungsnummern.
  • Metadatenqualität: Nutzung anerkannter Standards (z. B. Dublin Core, DataCite). Standardisierung bedeutet hier, Daten und Metadaten so aufzubereiten, dass sie eindeutig referenzierbar, interoperabel und maschinenlesbar sind.
  • Datenmanagementpläne: Planung und Dokumentation von Datenerzeugung, -dokumentation, -speicherung und -weitergabe von Beginn des Forschungsprojekts an.

Forschende werden oftmals durch Datenzentren, Bibliotheken oder eigene Informationsmanagement-Teams unterstützt. Nationale und internationale Initiativen wie FAIR, OpenAIRE, NFDI oder DataCite flankieren diese Bemühungen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Nachnutzung ist an rechtliche und ethische Vorgaben gebunden:

  • Urheberrecht: Wer Daten erstellt, hat in der Regel Rechte daran, deren Nutzung geregelt werden muss.
  • Datenschutz: Bei personenbezogenen Daten greift die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO); eine Anonymisierung kann erforderlich sein.
  • Offene Lizenzen: Creative Commons, Open Data Commons oder spezifische Datenbanklizenzen regeln, wer Daten wie nutzen darf. Nur eindeutige, offene Lizenzierung garantiert Nachnutzbarkeit.
  • Förderpolitik: Öffentliche Förderer erwarten häufig Datenteilung nach den FAIR-Prinzipien oder mittels Open-Data-Mandaten.

Best Practices für die Nachnutzung

Für eine optimale Nachnutzbarkeit empfehlen sich folgende Maßnahmen:

  • Detaillierte Dokumentation: Halten Sie sämtliche relevanten Informationen zu Datensatz, Kontext, Methoden und Variablen im System fest.
  • Offene Lizenzierung: Wählen Sie möglichst offene und klare Lizenzmodelle (z. B. Creative Commons BY, CC0).
  • Umfassende Metadatenpflege: Sorgen Sie für vollständige, standardisierte und strukturierte Metadaten in Ihrem Informationsmanagement-System.
  • Regelmäßige Qualitätssicherung: Nutzen Sie vorhandene Workflows, um Daten aktuell, korrekt und valide zu halten.
  • Niederschwelliger Zugang: Stellen Sie Daten in gängigen Formaten bereit, die sowohl für Mensch als auch Maschine einfach weiterverarbeitet werden können.

Eine passende Infrastruktur wie die von GLOMAS angebotenen Systeme kann Sie durch Funktionen zur Metadatenpflege, zur Verwaltung von Lizenzen und zur Qualitätssicherung gezielt unterstützen. Die Einhaltung von guten wissenschaftlichen Standards, klaren Policies und technischen Voraussetzungen liegt jedoch in der Verantwortung der eigentlichen Datengeber und -nutzer.

Unterstützung und Initiativen

Unterstützung bieten universitäre Datenzentren, nationale und internationale Plattformen wie OpenAIRE, DataCite und die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI). Für Fragen zur Umsetzung sind zentrale Anlaufstellen in Bibliotheken, Forschungsservices oder IT-Supporteinrichtungen oft hilfreich.

Messbarkeit und Wirkung von Nachnutzung

Der Impact der Nachnutzung lässt sich zunehmend durch Kennzahlen nachweisen:

  • Altmetrics: Verfolgen der Verbreitung und Zitierhäufigkeit von Datensätzen.
  • Nutzungsstatistiken: Analyse von Downloadzahlen, API-Nutzungen oder Referenzen.
  • Berichte: Dokumentation von Folgeprojekten, die unter Verwendung nachgenutzter Daten entstanden sind.

Ein gut bereitgestellter Datensatz erzeugt so sichtbar gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Mehrwert.

Häufige Fragen zur Nachnutzung

Was ist der Unterschied zwischen Nachnutzung, Wiederverwendung und Sekundärnutzung?

Nachnutzung meint die erneute Verwendung von Forschungsdaten durch Dritte für neue oder andere Zwecke. Wiederverwendung bezieht sich auf die erneute Nutzung eigener Daten, meist innerhalb derselben Arbeitsgruppe oder desselben Projekts. Sekundärnutzung steht für die weitere Nutzung bestehender Datenbestände in unabhängigen Projekten und häufig auch im Rahmen von Meta-Analysen.

Welche rechtlichen Grundlagen sind bei der Nachnutzung zu beachten?

Für eine rechtskonforme Nachnutzung müssen Urheberrecht, Datenschutzgesetze (wie die DSGVO) sowie spezifische Lizenzvereinbarungen (z. B. Creative Commons, Open-Data-Lizenzen) beachtet werden. Informationen dazu finden Sie in den Metadaten oder Begleitdokumenten der jeweiligen Datensätze.

Was sind FAIR-Prinzipien und warum sind sie wichtig?

Die FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) sind internationale Leitlinien, die definieren, wie Forschungsdaten aufbereitet und bereitgestellt werden sollen, damit sie effizient nachgenutzt werden können. Sie fördern Sichtbarkeit, Zugänglichkeit und Qualität wissenschaftlicher Daten.

Was ist ein Datenmanagementplan und welche Rolle spielt er für die Nachnutzung?

Ein Datenmanagementplan (DMP) beschreibt, wie Forschungsdaten erzeugt, dokumentiert, gespeichert, geteilt und archiviert werden. Er ist eine Grundvoraussetzung für spätere Nachnutzung, da er Standards für Dokumentation, Metadaten und offene Lizenzen festlegt.

Sind alle Daten nachnutzbar?

Nicht alle Daten dürfen oder können nachgenutzt werden. Besonders sensible oder personenbezogene Informationen sind meist durch Datenschutzgesetze geschützt. Bei öffentlich geförderten Projekten sind jedoch offene, nachnutzbare Daten im Einklang mit z. B. Open-Data-Mandaten und FAIR-Prinzipien zunehmend gefordert.

Welche Risiken gibt es bei der Nachnutzung?

Risiken liegen unter anderem in möglichen Datenschutzverletzungen, unklaren Lizenzmodellen, fehlender Datenqualität oder ethischen Konflikten. Um diese Risiken zu minimieren, ist es wichtig, sorgfältige Dokumentation und offene, rechtssichere Lizenzierung sicherzustellen.

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