ISBD ist von zentraler Bedeutung für Bibliotheken aller Art und bildet das Fundament für den internationalen Austausch und die eindeutige Interpretation von Medienbeständen. Dabei ist ISBD ein Deskriptionsstandard für die Struktur und Interpunktion bibliografischer Angaben, unterscheidet sich jedoch von Katalogisierungsregeln wie RDA oder AACR2, die festlegen, welche Inhalte in eine Bibliografie aufgenommen werden.
Was ist ISBD?
ISBD steht für „International Standard Bibliographic Description“. Das Regelwerk legt detaillierte Vorgaben für die formale Struktur, Reihenfolge und Zeichensetzung bei der Darstellung bibliografischer Daten fest – beispielsweise zu Titel, Verfasser, Verlag, Erscheinungsjahr oder Medienart. Das Ziel besteht darin, Bibliotheksdaten weltweit eindeutig, zuverlässig und sprachunabhängig interpretierbar zu machen, sowohl für Menschen als auch für Computersysteme.
ISBD wurde ab den 1960er Jahren von der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) entwickelt. Die Entwicklung begann mit einzelnen Standards wie ISBD(M) für Monografien oder ISBD(S) für fortlaufende Sammelwerke. 2011 wurden diese Einzeldokumente in der konsolidierten „ISBD Consolidated Edition“ zusammengeführt, die als aktueller, international anerkannter Rahmen für die formale Beschreibung aller Medientypen gilt. Weitere Ergänzungen finden laufend statt, um die Anforderungen neuer Medienformen wie E-Books, Online-Ressourcen oder komplexe Datenträger zu erfüllen.
Trotz ihres weltweiten Einflusses wird ISBD in den meisten Bibliothekssystemen nicht direkt als Eingabe- oder Austauschformat eingesetzt. Vielmehr liegt ISBD diversen Austauschformaten wie MARC21, UNIMARC oder PICA+ zugrunde und prägt die Feldstruktur zahlreicher Metadatenstandards.
Historische Entwicklung und Varianten
Seit der ersten Veröffentlichung 1971 hat sich ISBD kontinuierlich weiterentwickelt. Ursprünglich gab es spezialisierte ISBD-Fassungen für verschiedene Medientypen, etwa:
- ISBD(M) für Monografien (Bücher)
- ISBD(S) für fortlaufende Sammelwerke (Zeitschriften, Serien)
- ISBD(A) für Alte Drucke
- ISBD(CR) für fortlaufende Ressourcen
- ISBD(CM), ISBD(MS), ISBD(NBM) u. a. für Karten, Musikdrucke und andere Nicht-Buch-Materialien
Mit der „ISBD Consolidated Edition“ wurden diese Einzelstandards harmonisiert und in einen gemeinsamen Standard integriert, um eine konsistente Beschreibung aller Ressourcenarten zu ermöglichen.
Die Bedeutung von ISBD für das moderne Informationsmanagement
Die Anwendung von ISBD bringt Bibliotheken, Archiven und anderen informationsverwaltenden Einrichtungen zahlreiche Vorteile:
- Vereinheitlichung und Verständlichkeit: ISBD bietet eine internationale, sprach- und systemunabhängige Struktur für die Beschreibung von Medien. Dadurch können Mitarbeitende, Forschende und Nutzer weltweit auf konsistent aufbereitete Daten zugreifen und diese zuverlässig interpretieren.
- Interoperabilität im Datenverbund: Als Grundlage vieler Austauschformate ermöglicht ISBD einen verlustarmen und klar definierten Datenaustausch zwischen Bibliotheken, Archiven, Normendatenbanken, Bildungseinrichtungen und Verlagen. Dadurch werden Bestände in unterschiedlichen Systemen vergleichbar und gemeinsam durchsuchbar.
- Transparenz und Verlässlichkeit für Nutzende: Durch die einheitliche Darstellung erschließen sich Endnutzer die gesuchten Informationen schnell: Titel, Verantwortlichkeitsangaben, Erscheinungsorte, Verlage und Ausgaben lassen sich jederzeit eindeutig nachvollziehen.
- Langfristige Datenintegrität: ISBD unterstützt nachhaltig gepflegte und zukunftssichere Bestände, was besonders im Kontext der Digitalen Langzeitverfügbarkeiten und fortschreitender Medienkonvergenz an Bedeutung gewinnt.
- Anpassbarkeit für neue Medientypen: Durch regelmäßige Updates und die Pflege durch internationale Gremien wie die ISBD Review Group der IFLA wird ISBD laufend an neue Objekttypen, digitale Formate und Anforderungen angepasst.
Aufbau und Struktur einer ISBD-Beschreibung
ISBD gliedert eine vollständige Beschreibung eines Mediums in standardisierte Bereiche, die in einer festgelegten Reihenfolge angeordnet sind. Die einzelnen Bereiche werden durch normierte Trennzeichen (wie Punkt, Leerzeichen, Doppelpunkt, Semikolon) abgegrenzt. Dies gewährleistet eine eindeutige, maschinenlesbare Gliederung der Daten.
Die wichtigsten Bereiche einer ISBD-Beschreibung sind:
- Titel- und Verantwortlichkeitsangabe – Titel der Ressource sowie beteiligte Personen oder Körperschaften.
- Ausgabebezeichnung – Hinweise auf Auflage, Fassung oder Version.
- Verlagsangabe – Erscheinungsort(e), Name des Verlags oder Herausgebers, Erscheinungsjahr.
- Physische Beschreibung – Umfang, Illustrationen, Format, Maße.
- Reihenangabe – Zugehörigkeit zu einer Schriftenreihe.
- Standardnummer und -angaben – ISBN, ISSN oder andere Identifikationsnummern.
- Anmerkungen – Besondere Hinweise, Quellen, abweichende Merkmale etc.
Beispiel einer ISBD-gerechten Beschreibung:
Müller, Max : Einführung in das Bibliotheksmanagement / Max Müller. – 2. Auflage. – Berlin : Beispielverlag, 2021. – 252 S. : Ill. ; 21 cm. – (Beispielreihe ; 12). – ISBN 978-3-12345-678-9
Die einzelnen Bereiche und Trennzeichen lassen sich wie folgt erläutern:
- : (Doppelpunkt) trennt Haupttitel und Untertitel, bzw. Verantwortlichkeitsangabe.
- / (Schrägstrich) markiert den Beginn der Verantwortlichkeitsangabe.
- . – (Punkt-Leerzeichen-Bindestrich) schließt einen Bereich ab und leitet den nächsten ein.
- ; (Semikolon) trennt Unterbereiche (z. B. Maße in der physischen Beschreibung).
- Ergänzende Angaben, die nicht unmittelbar aus der Vorlage übernommen werden, stehen in eckigen Klammern.
Durch diese präzisen Vorgaben wird die automatisierte Verarbeitung in Bibliotheksmanagement-Software ermöglicht.
ISBD im Kontext moderner Informationsmanagement-Software
ISBD spielt eine wichtige Rolle in den Softwarelösungen des Informationsmanagements, darunter Bibliotheksmanagement, Normenmanagement, Parlamentsdokumentation und Systeme zur vertriebsorientierten Datenanreicherung. In modernen Anwendungen wird ISBD insbesondere eingesetzt, um:
- Katalogisierungsprozesse zu strukturieren: ISBD-konforme Masken und Workflows helfen, Medien konsistent zu erfassen, unabhängig vom jeweiligen Medientyp oder Ursprungsland.
- Datenaustauschstandards zu unterstützen: ISBD bildet die Grundlage für Formate wie MARC21, UNIMARC, PICA+ oder METS, die den Austausch und die Einbindung bibliografischer Datensätze in Verbundsystemen, Schnittstellen und übergreifenden Portalen ermöglichen.
- Qualitätsstandards sicherzustellen: Nur mit einer standardisierten Struktur wie ISBD können langfristig Kompatibilität, Wiederauffindbarkeit und internationale Zugänglichkeit der Daten garantiert werden; dies unterstützt insbesondere in Zeiten schnellen Medienwandels und Digitalisierung die Nachhaltigkeit der Bestände.
- Integration neuer Medienformen zu gewährleisten: Dank regelmäßiger Updates durch die IFLA wird ISBD kontinuierlich an neue Medientypen und digitale Ressourcen angepasst, wie etwa E-Books, Streaming-Medien oder komplexe Datenbundles.
ISBD ist somit ein zentrales Bindeglied zwischen fachlichen Katalogisierungsstandards und technischer Austauschbarkeit der Daten in modernen Informationssystemen.
Typische Fehler und Missverständnisse im Umgang mit ISBD
Auch im professionellen Umfeld kommt es immer wieder zu Fehlern und Missverständnissen:
- Falscher Einsatz der Trennzeichen und Interpunktion: Gerade die normierten Zeichen wie Doppelpunkt, Bindestrich, Punkt/Leerzeichen oder Semikolon sind präzise vorgeschrieben. Unachtsamkeiten führen zu Verlusten an Maschinenlesbarkeit und Standardkonformität.
- Vermischung mit Katalogisierungsregelwerken: ISBD legt den formalen Aufbau der Beschreibung fest – was beschrieben wird, regeln Standards wie RDA (Resource Description & Access) oder AACR2 (Anglo-American Cataloguing Rules). Beide Ebenen ergänzen sich, bleiben aber eigenständig.
- Nichtbeachten neuer Medienformen: Mit der ISBD Consolidated Edition und regelmäßigen Supplements werden kontinuierlich neue mediale Anforderungen abgedeckt. Es ist daher wichtig, stets mit der aktuell gültigen Fassung zu arbeiten.
- Unvollständige Pflege der ISBD-Felder: Gerade bei der Übernahme von Fremddaten oder Migration historischer Bestände fehlen häufig ISBD-Bereiche wie die Standardnummer (z. B. ISBN), was zu Inkonsistenzen führt.
Fortlaufende Schulungen und der Einsatz ISBD-konformer Software tragen zum fehlerfreien Umgang mit dem Standard bei.
ISBD und seine Einbindung in andere Standards und Formate
ISBD bildet die Grundlage für viele international relevante Austauschformate, darunter:
- MARC21 – weltweit verbreitetes Austauschformat für bibliografische und normative Daten
- UNIMARC – europäisches Format mit besonderer Nähe zu ISBD
- PICA+ – oft im deutschen Sprachraum im Einsatz
- METS/Mods – zur Beschreibung und Langzeitarchivierung digitaler Medien
Auch aktuelle Entwicklungen wie Linked Data-Modelle, Normdatenkonzepte (z. B. GND, VIAF) und Initiativen des Semantic Web werden durch die Prinzipien der ISBD-Beschreibung beeinflusst. Die Weiterentwicklung von ISBD erfolgt in enger Verbindung mit anderen internationalen Standards, etwa IFLA-LRM oder RDA.
Pflege, Weiterentwicklung und Ausblick
ISBD wird von der IFLA, insbesondere durch die „ISBD Review Group“ und das zugehörige Standing Committee, kontinuierlich weiterentwickelt und international abgestimmt. Die regelmäßig veröffentlichten Revisionen stellen sicher, dass ISBD stets neue Medientypen, Anforderungen der digitalen Welt und internationale Nutzergruppen berücksichtigt. Der Trend geht hin zu einem offen modellierten, elementbasierten Ansatz (z. B. im Kontext von IFLA-LRM und modernen Linked Data-Standards), wodurch ISBD auch künftig an Relevanz gewinnen wird.
Häufige Fragen zu ISBD
Was unterscheidet ISBD von anderen Katalogisierungsregelwerken wie RDA?
ISBD definiert die Struktur, Reihenfolge und Zeichensetzung bibliografischer Beschreibungen (Deskriptionsstandard). Katalogisierungsregeln wie RDA oder AACR2 bestimmen hingegen, welche Inhalte und Informationen in einen Katalogisierungsdatensatz aufgenommen werden. Beide Regelwerke greifen ineinander: Die Katalogisierungsregeln liefern die Inhalte, ISBD regelt deren Darstellung.
Ist ISBD maschinenlesbar und ein Austauschformat?
ISBD ist so konzipiert, dass bibliografische Daten maschinenlesbar strukturiert und verarbeitet werden können. ISBD selbst ist jedoch kein eigenständiges Austauschformat, sondern wird von Formaten wie MARC21, UNIMARC oder METS zur Definition der Feldstruktur genutzt. Diese Formate machen ISBD-konforme Daten über Schnittstellen austauschbar.
Können mit ISBD alle Medientypen beschrieben werden?
Ja, ISBD deckt eine Vielzahl von Ressourcen ab: Bücher, Zeitschriften, elektronische Medien, audiovisuelle Inhalte, Kartenmaterial, Musikdrucke und mehr. Die aktuelle ISBD Consolidated Edition sowie nachfolgende Ergänzungen und Updates sorgen dafür, dass auch neue und komplexe Medientypen angemessen beschrieben werden können.
Welche Rolle spielen die normierten Trennzeichen bei ISBD?
Die vorgeschriebenen Trennzeichen wie Doppelpunkt, Semikolon, Schrägstrich, Punkt-Leerzeichen oder eckige Klammern dienen der eindeutigen Abgrenzung der einzelnen Elemente und Bereiche. Dadurch wird sowohl die Mensch- als auch die Maschinenlesbarkeit sichergestellt. Fehler bei den Trennzeichen können zu Missverständnissen oder Fehlern beim Datenimport/-export führen.
Wer sorgt dafür, dass ISBD aktuell bleibt?
Die International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) ist für die internationale Pflege und Weiterentwicklung von ISBD zuständig. Über die ISBD Review Group und das zugehörige Standing Committee werden neue Entwicklungen und Anforderungen aufgenommen und regelmäßig überarbeitete Editionen und Supplements veröffentlicht.
Inwiefern unterstützt ISBD die Langzeitverfügbarkeit und Internationalisierung von Daten?
Durch seine strenge Normierung und kontinuierliche Pflege gewährleistet ISBD, dass bibliografische Daten dauerhaft verständlich, interoperabel und unverlierbar bleiben – sowohl bei internationalen Kooperationen als auch im Rahmen digitaler Langzeitarchivierung.
Muss ich als Bibliotheksnutzer oder Fachmitarbeiter ISBD selbst beherrschen?
Für die Nutzung von Bibliotheks- und Informationssystemen genügt es, von den Vorteilen ISBD-konformer Systeme zu profitieren. Tiefgehende Kenntnisse werden in der Regel nur für die Katalogisierung benötigt; Anwender erleben ISBD vor allem in der einheitlichen Darstellung und einfachen Recherche.