Das UKNI-Zeichen signalisiert, dass die EU-Konformitätsbewertung nicht von einer EU-notifizierten Stelle, sondern von einer britischen Stelle vorgenommen wurde. UKNI steht für „United Kingdom Northern Ireland“, auch wenn dieses Akronym nicht offiziell ausgeschrieben wird.
Es ersetzt oder ergänzt nicht das CE-Zeichen, sondern wird immer nur in Verbindung damit verwendet, sofern der Marktzugang nach Nordirland erfolgt.
Ursprünge und Entwicklung des UKNI-Kennzeichens
Die Einführung des UKNI-Zeichens ist eine Folge des Brexits und der damit verbundenen Veränderungen für die Warenmarktregulierung zwischen EU, Großbritannien und Nordirland. Mit dem Nordirland-Protokoll, das zum 1. Januar 2021 in Kraft trat, wurde für bestimmte Produktkategorien der Zugang Nordirlands zum EU-Binnenmarkt gesichert. Seit 2023 ersetzt das Windsor Framework Teile des alten Protokolls, bringt neue Regelungen zu Warenflüssen (zum Beispiel das Green Lane/Red Lane-System) und Anpassungen in Bezug auf spezielle Produktgruppen und Dokumentationsanforderungen.
Die wichtigsten Meilensteine:
- 2020: Nordirland-Protokoll wird verabschiedet.
- Januar 2021: UKNI-Zeichen wird anwendbar.
- 2023: Windsor Framework tritt in Kraft, Änderungen bei einigen Warenströmen und Übergangsregeln.
Hintergrund und rechtliche Rahmenbedingungen
Das Nordirland-Protokoll regelt, dass Nordirland für viele regulierte Industrieprodukte weiterhin im Anwendungsbereich zahlreicher EU-Regeln bleibt, dies betrifft aber nicht alle Produktkategorien. Für diese Produkte muss die EU-Konformitätsbewertung entweder durch eine EU-notifizierte Stelle oder durch eine britische UK Approved Body erfolgen. Wenn der Bewertungsprozess durch eine UK Approved Body durchgeführt wird, ist - ergänzend zum CE-Zeichen - das UKNI-Zeichen verpflichtend.
Marktzugang mit einer CE+UKNI-Kennzeichnung ist ausschließlich für Nordirland zulässig. Die CE+UKNI-Kombination ersetzt keine EU-Konformität und bedeutet keine Marktzulassung in EU-Mitgliedstaaten. Produkte mit CE+UKNI durften nie im EU-Binnenmarkt vertrieben werden.
Das UKNI-Zeichen ist kein Ersatz für das CE-Zeichen. Es darf nicht als alleinige Kennzeichnung verwendet werden und gilt nur in Verbindung mit dem CE-Zeichen, wenn eine britische Stelle (UK Approved Body) involviert ist.
Was ist eine UK Approved Body?
Eine UK Approved Body ist eine von der britischen Regierung zugelassene Konformitätsbewertungsstelle. Anders als die EU-notifizierten Stellen („Notified Bodies“) haben sie keinen Notified-Body-Status unter EU-Recht und sind somit nur für Bewertungen nach britischem Recht befugt. Ihre Zertifizierungen werden außerhalb des britischen Rechtsraums und Nordirlands von der EU nicht anerkannt.
Übersicht Kennzeichnungspflichten: Vergleich CE, UKCA und UKNI
Hinweis: Die UKNI-Kennzeichnung ist nur erforderlich, wenn für ein Produkt nach EU-Recht eine Drittzertifizierung vorgesehen ist und diese durch eine UK Approved Body durchgeführt wurde. Bei reiner Herstellererklärung entfällt das UKNI-Zeichen auch in Nordirland. Für einzelne Produktgruppen (wie Medizinprodukte, Bauprodukte, Kosmetika) können abweichende oder ergänzende Vorgaben gelten.
Betroffene Produktgruppen, Ausnahmen und Spezialregelungen
Die UKNI-Kennzeichnung ist besonders relevant für regulierte Produkte, die einer verpflichtenden Drittzertifizierung unterliegen. Beispiele:
- Maschinen und Maschinenanlagen
- Elektrische und elektronische Geräte
- Messgeräte und Waagen
- Persönliche Schutzausrüstung
- Spielzeug
Produktgruppenspezifische Ausnahmen gelten beispielsweise für:
- Medizinprodukte: Eigenes regulatorisches System mit zum Teil anderen Fristen und Kombinationsmöglichkeiten der Kennzeichen.
- Bauprodukte: Separate Regeln mit verlängerten Übergangsfristen, zum Teil eigenständige britische Anforderungen.
- Kosmetika und vergleichbare Produktgruppen: Andere Kennzeichnungspflichten mit teilweise gar keiner CE-/UKNI-/UKCA-Kennzeichnung.
Es ist entscheidend, für jedes Produkt individuell zu prüfen, ob und in welcher Form UKNI erforderlich ist.
Rollen der Marktakteure und Auswirkungen des Unternehmenssitzes
Die Verantwortlichkeiten bei Kennzeichnung und Zertifizierung richten sich auch nach dem Sitz des Herstellers, Importeurs bzw. Distributeurs:
- Hersteller in der EU: Können direkt CE (und ggf. CE+UKNI bei Zertifizierung durch UK Approved Body) aufbringen.
- Hersteller in Großbritannien oder Drittstaat: Müssen ggf. einen Bevollmächtigten („Authorized Representative“) in der EU bzw. in Nordirland benennen.
- Distributoren/Importeure: Tragen Mitverantwortung für die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften und die technische Dokumentation; sie haften ebenfalls bei Verstößen.
Format und Darstellung des UKNI-Zeichens
Das UKNI-Zeichen besteht aus den vier Großbuchstaben „UKNI“.
- Mindesthöhe: 5 mm (Ausnahmen gibt es bei besonders kleinen Produkten, analog zur CE-Regel).
- Es muss deutlich lesbar, dauerhaft und sichtbar angebracht sein. Vorrangig erfolgt die Kennzeichnung direkt auf dem Produkt. Ist dies nicht möglich, ist die Anbringung auf Verpackung oder Begleitdokumenten zulässig.
- Im Gegensatz zur CE-Kennzeichnung gibt es weniger detaillierte grafische Vorgaben, eine offizielle Zeichenvorlage steht auf den Seiten der britischen Regierung zur Verfügung.
Technische Dokumentation, Dokumentationssprache und Marktüberwachung
Für Produkte mit UKNI-Kennzeichnung ist eine vollständige technische Dokumentation gemäß den einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften vorzuhalten. Dazu zählen beispielsweise Konformitätserklärung, Prüfnachweise, Zertifikate und Angaben zu den verantwortlichen Prüfstellen.
- Die Dokumentation muss auf Anfrage der Marktaufsichtsbehörden in Nordirland stets zugänglich sein.
- In der Regel werden Unterlagen in Englisch verlangt.
- Auch EU-Marktüberwachungsbehörden haben in Teilen weiter Kontrollrechte in Nordirland.
Ein Hersteller muss sicherstellen, dass jederzeit alle relevanten Nachweise abrufbar sind. Bei digitalen Vertriebswegen (E-Commerce) gilt dies auch im Onlinehandel.
Verantwortlichkeiten und Sanktionen
Bei fehlerhafter oder fehlender UKNI-Kennzeichnung drohen:
- Verkaufsverbote, Rückrufverfügungen und Bußgelder (die Höhe richtet sich nach britischem/nordirischem Recht und kann bis zu mehrere zehntausend Pfund betragen).
- Haftung und Regressforderungen - auch durch Importeure/Distributoren.
- Im Wiederholungsfall kann der Marktzugang dauerhaft verloren gehen.
Übergangsfristen und Zeitplan
Im Rahmen des Windsor Frameworks wurden verschiedene Übergangsregelungen geschaffen:
- Bestimmte Produktgruppen unterliegen verlängerten Fristen für die verpflichtende Kennzeichnung/Umstellung.
- Green Lane/Red Lane-System: Bestimmt, ob ein Produkt mit vereinfachtem Verfahren in Nordirland verbleiben darf oder ob zusätzliche Kontrollen gelten.
- Prüfen Sie regelmäßig aktualisierte Fristen auf der Informationsseite der britischen Regierung oder der EU-Kommission.
Praktische Beispiele und Kombinationen
Beispiel 1: EU-Hersteller - Vertrieb in EU, GB und Nordirland
- Zertifizierung durch EU-notifizierte Stelle: CE für EU und Nordirland, UKCA für Großbritannien.
- Zertifizierung durch UK Approved Body: CE+UKNI für Nordirland, UKCA für Großbritannien; Marktzugang zur EU nur mit CE und EU-Notified Body-Zertifizierung.
Beispiel 2: Hersteller aus China - Vertrieb via Distributeur
- Produkt wird zunächst nach Großbritannien geliefert, dann weiter nach Nordirland und EU.
- Bei UK Approved Body-Zertifizierung: Muss sowohl UKNI (für Nordirland) als auch ggf. UKCA (für Großbritannien) angebracht werden, Marktzugang zur EU aber nicht mit CE+UKNI möglich.
Beispiel 3: Mischkennzeichnung
- Auf bestimmten Produkten können CE, UKCA und UKNI nebeneinander erscheinen, sofern das Produkt den Anforderungen aller drei Märkte inklusive korrekter Zertifizierung und Dokumentation entspricht.
Tipp: Prüfen Sie anhand folgender Fragen, ob Ihr Produkt UKNI-pflichtig ist:
- Gilt EU-Harmonisierungsrecht für Ihr Produkt?
- Ist eine Drittzertifizierung verpflichtend?
- Wurde die Bewertung durch eine UK Approved Body (nicht durch EU-notifizierte Stelle) durchgeführt?
- Soll das Produkt in Nordirland verkauft werden?
Relevanz für Informationsmanagement und Softwarelösungen
Die regulatorischen Anforderungen rund um UKNI-Kennzeichnung und technische Dokumentation stellen Unternehmen vor eine erhebliche Verwaltungsaufgabe - insbesondere dann, wenn der Vertrieb länderübergreifend erfolgt und verschiedene Kennzeichnungen erforderlich sind.
Softwarelösungen wie die von GLOMAS unterstützen Sie bei:
- Zentrale Verwaltung und Aktualisierung aller relevanten Normen, Konformitätsanforderungen und Länderregeln
- Lückenlose Organisation und Ablage von Zertifikaten, Nachweisen und technischen Dokumenten
- Zuordnung und Nachweis von Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens und gegenüber Behörden
- Effizienter Kommunikation mit externen Prüfinstanzen und Aufsichtsbehörden
- Überwachung von Fristen, Übergangsregelungen und rechtlichen Änderungen
Die Verwendung eines strukturierten Informationsmanagementsystems ist nicht gesetzlich gefordert, aber hilft entscheidend, die zahlreichen Vorgaben einzuhalten und Risiken bei der Marktzulassung zu minimieren.
Legende zentraler Begriffe
- CE-Kennzeichnung: Markierung für Konformität mit EU-Richtlinien
- UKCA: United Kingdom Conformity Assessed - britische Produktkennzeichnung für GB
- UKNI: Zusatzkennzeichnung für von britischen Stellen bewertete Produkte für Nordirland
- EU-notifizierte Stelle (Notified Body): Von der EU benannte Prüfstelle
- UK Approved Body: Vom Vereinigten Königreich zugelassene Prüfstelle, nicht EU-notifiziert
- Konformitätsbewertung: Nachweis, dass ein Produkt alle relevanten Pflichten erfüllt
- Bevollmächtigter (Authorized Representative): Invertreter für Marktüberwachung und Behördenkontakt
Häufige Fragen zur UKNI-Kennzeichnung
Wann ist die UKNI-Kennzeichnung vorgeschrieben?
Die UKNI-Kennzeichnung ist immer erforderlich, wenn für ein Produkt eine verpflichtende Drittzertifizierung vorliegt und diese Bewertung durch eine UK Approved Body durchgeführt wurde. Bei Prüfung durch eine EU-notifizierte Stelle oder bei reiner Herstellererklärung entfällt das UKNI-Zeichen.
Kann die UKNI-Kennzeichnung allein verwendet werden?
Nein, das UKNI-Zeichen muss stets zusammen mit dem CE-Zeichen angebracht werden. Es dient als zusätzlicher Indikator für den Einsatz einer britischen Prüfstelle im Rahmen der EU-Konformitätsbewertung und ist als alleinige Kennzeichnung unzulässig.
Was unterscheidet CE, UKCA und UKNI?
CE ist die zentrale Konformitätskennzeichnung für den EU-Binnenmarkt sowie viele regulierte Produkte in Nordirland. UKCA gilt für Großbritannien. UKNI kommt ergänzend zur CE-Kennzeichnung bei Drittzertifizierung durch eine UK Approved Body für Nordirland zum Einsatz.
Gilt die UKNI-Kennzeichnung auch für Großbritannien (England, Schottland, Wales)?
Nein, in Großbritannien gilt ausschließlich die UKCA-Kennzeichnung. Produkte mit CE+UKNI-Kennzeichnung sind dort nicht zulässig. UKNI dient lediglich der nordirischen Marktzulassung.
Welche Produktgruppen erfordern besonders die UKNI-Kennzeichnung?
Betroffen sind regulierte Produkte mit Pflicht zur Drittzertifizierung, insbesondere Maschinen, Elektrogeräte, Messgeräte und Schutzausrüstung. Für Medizinprodukte, Bauprodukte oder Kosmetika gelten zum Teil andere bzw. zusätzliche Anforderungen.
Was ist hinsichtlich Fristen und Übergangsregelungen zu beachten?
Je nach Produktgruppe und politischer Entwicklung gibt es wechselnde Übergangsfristen, beispielsweise im Rahmen des Windsor Frameworks. Prüfen Sie regelmäßig die offiziellen Informationsquellen für aktuelle Termine.
Welche Rolle spielen Distributoren und Importeure?
Distributoren und Importeure sind mitverantwortlich für korrekte Kennzeichnung und vollständige Dokumentation. Verstöße können Bußgelder und Marktverbote nach sich ziehen. Sie müssen sich zudem über die geltenden Pflichten für ihre jeweiligen Märkte informieren.
Wie können Informationsmanagementsysteme bei der UKNI-Kennzeichnung unterstützen?
Informationsmanagementsysteme wie die Lösungen von GLOMAS helfen dabei, Gesetze, Normen, Prüfstellen und Nachweise zentral zu verwalten. Sie ermöglichen es, jederzeit relevante Dokumente und Verantwortlichkeiten gegenüber Behörden nachzuweisen.
Wie kann ich prüfen, ob mein Produkt UKNI-pflichtig ist?
Orientieren Sie sich an folgenden Prüffragen: Ist das Produkt EU-harmonisierungsrechtlich geregelt? Ist eine Drittprüfung vorgeschrieben? Wurde eine UK Approved Body beauftragt? Ist Nordirland Zielmarkt? Wenn alle Fragen mit „ja“ beantwortet werden, ist das UKNI-Zeichen erforderlich.
Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht?
Verstöße führen zu Verkaufsverboten, Rückrufen und teilweise hohen Geldbußen. Wiederholte oder vorsätzliche Verstöße können zu dauerhaften Marktzugangsverlusten führen. Verantwortlich sind sowohl Hersteller als auch Importeure und Distributoren.
Wo gibt es offizielle Vorlagen für das UKNI-Zeichen und weiterführende Informationen?
Das britische Government stellt unter gov.uk offizielle Zeichen zum Download und umfassende Leitfäden bereit. Auch die EU-Kommission stellt Informationen zum gegenseitigen Marktzugang zur Verfügung.