PLM (Product Lifecycle Management)

Product Lifecycle Management (PLM) beschreibt die unternehmensweite, Steuerung und Dokumentation aller Phasen eines Produkts – von der ersten Idee, über Entwicklung und Fertigung, bis zu Nutzung, Wartung und Ausmusterung.

Produkt:
Allgemein

Ziel ist es, sämtliche produktbezogenen Daten, Prozesse und Beteiligte in einem integrierten, domänenübergreifenden System zu koordinieren. Ein PLM-System bildet typischerweise das „System of Record“ für die Produktdefinition und ist elementarer Baustein moderner Digital-Thread-Konzepte. In einer vernetzten IT-Landschaft gilt: Je nach Geschäftsprozess und Datendomäne werden Systeme wie Engineering (CAD), ERP, MES oder EAM/CMMS als führende Quelle herangezogen, während PLM das Rückgrat und die verbindende Informationsschicht der digitalen Wertschöpfung bildet.

Was ist PLM?

PLM ist ein strategischer Ansatz, bei dem leistungsfähige Softwareplattformen Produkte und deren Informationen ganzheitlich über den gesamten Lebenszyklus hinweg steuern. In einem PLM-System werden erhaltene Anforderungen, Engineering-Daten (inkl. CAD/ECAD), Stücklisten, Varianten, Konfigurationen, Änderungen, Qualitätsprozesse und Compliance-Aspekte sowie Serviceinformationen domänenübergreifend miteinander verknüpft. Unternehmen profitieren von einer einheitlichen Datenplattform, die Engineering, Fertigung, Service, Einkauf und Management konsequent verbindet.

Begriffsabgrenzungen:

  • Product Data Management (PDM): Verwalten und Überwachen technischer Daten, z. B. CAD-Dateien, Zeichnungen, zugehörige Dokumentation – oft inklusive (einfacher) Stücklisten und Teilemanagement. Schwerpunkt liegt auf Versionierung, Zugriffskontrolle und zentraler Ablage.
  • PLM: Deckt zusätzlich komplexe Prozesssteuerung, globales Änderungsmanagement, Varianten- und Konfigurationsmanagement, Compliance, Kollaboration, Traceability inklusive Integration mit weiteren Systemen (ERP, MES, ALM) ab – und das über den gesamten Produktlebenszyklus.
  • Dokumentenmanagementsystem (DMS): Zentralisiert Dokumente verschiedenster Art (Verträge, Protokolle, Dossiers), ist jedoch nicht spezialisiert auf Produktstrukturen, Stücklisten oder Änderungsmanagement.

PLM etabliert durchgängiges Produktdatenmanagement, optimierte Prozess- und Kollaborationssteuerung und neue Innovationspotenziale – als grundlegende Voraussetzung für die digitale Transformation.

Systemverantwortung und Datenhoheit

Im modernen IT-Ökosystem ist PLM als „System of Record“ für Produktdefinition positioniert, jedoch nicht für sämtliche produktbezogenen Informationen maßgebend. Die Systemhoheit (Datenführerschaft) variiert nach Domäne:

  • PLM: System of Record für Produktstruktur, eBOM, Konfigurationsmanagement, Änderungen.
  • CAD/PDM: Autoritative Quelle für Geometrie- und Konstruktionsdaten.
  • ERP: System of Record für Materialstamm, Einkaufs- und Fertigungsdaten sowie finanzbezogene Aspekte.
  • MES: Führend für Produktionsdurchläufe, as-built-Informationen, Prozessdaten.
  • EAM/CMMS/FSM: System of Record für as-maintained-Informationen und Instandhaltungsprozesse.
  • ALM: Spezialisiert auf Software-Artefakte, Versionen, Defects und Release-Management.

Durch eine klare Definition dieser Verantwortlichkeiten können Unternehmen Single Source of Truth (SSOT) oder je Domäne eine Authoritative Source of Truth (ASOT) schaffen.

Datenmodell: Teilzentriert vs. Dokumentzentriert

PLM-Systeme unterscheiden sich durch Grundausrichtung und Objektmodelle:

  • Teilzentrierte Modelle: Verwalten Produkte und deren Komponenten (Teile, Baugruppen, Artikel) im Fokus. Stücklisten, Beziehungen und Attributdaten stehen im Zentrum. Vorteil: Effiziente Wiederverwendung, Standardisierung, Varianten- und Konfigurationsmanagement.
  • Dokumentzentrierte Modelle: Dokumente bilden die primäre Einheit (z. B. Zeichnungen, Spezifikationen). Beziehungen zu Teilen, Projekten oder Vorgängen sind nachgeordnet. Vorteil: Einfache Dokumentation, jedoch geringere Effizienz bei objektbasierter Wiederverwendung.
  • Beziehungen Teil–CAD–Dokument: Moderne PLM-Systeme verknüpfen Teile, CAD-Modelle, Dokumente und Datenobjekte über flexible Relationen, etwa für Traceability oder Life-Cycle-Abhängigkeiten.

Nummerierungsstrategien:

  • Intelligent: Aus der Nummer sind Objekttyp, Klasse oder weitere Infos direkt ersichtlich (z. B. „ME-12345-01“). Vorteil: Lesbarkeit, Nachvollziehbarkeit. Nachteil: Änderungsaufwand bei Klassenevolution, eventuell geringere Skalierbarkeit.
  • Nicht-intelligent: Nummer ist rein fortlaufend und systemgeneriert (z. B. „1001451931“). Vorteil: Robustheit, geringere Fehleranfälligkeit. Nachteil: Ohne Systemzugriff keine Bedeutung erkennbar.

Unternehmen sollten diese Aspekte nach Transparenz- und Zukunftsanforderungen abwägen.

Model-Based Definition (MBD) und Model-Based Engineering (MBE)

MBD setzt auf die alleinige Nutzung von 3D-CAD-Modellen als maßgebliche Produktdefinition, ergänzt um Product Manufacturing Information (PMI), Geometrische Produktspezifikation (GD&T) und semantische Anreicherung. Vorgegebene Normen:

  • ISO 16792 – Technische Produktmodellierung und MBD
  • QIF (Quality Information Framework): Standardisierte Austauschformate für Prüfplanung/Messtechnik, Integration zu CAQ-/QM-Systemen
  • JT, STEP AP242 (MBD): Industriestandards für CAD-/Produktdaten einschließlich semantischer PMI

PLM-Plattformen ermöglichen so die Einbettung und Verwaltung von Model-Based-Praktiken bis hin zur durchgängigen digitalen Prozesskette (Model-Based Enterprise, MBE).

Model-Based Systems Engineering (MBSE)

MBSE integriert Requirements, Funktionsmodelle, logische und physische Architektur sowie Tests zu einer durchgängigen Systemmodellierung:

  • Normen: ISO/IEC/IEEE 29148 (Requirements), 15288 (System Life Cycle), 42010 (Architektur), 12207 (Software), SysML v2 Spezifikation.
  • RFLP-Prinzip: Requirements–Functional–Logical–Physical Verknüpfung relevantes Grundmodell.
  • Schnittstellen: ReqIF (Requirements Interchange Format), OSLC für Linking mit PLM, ALM, QMS und Testmanagement.
  • Simulation: Kopplung über FMI/FMU-Standards für Systemsimulationen.

So wird Traceability von Anforderung bis Test, Lifecycle Governance und Schnittstellenmanagement optimal unterstützt.

Software & Cybersecurity in PLM

Mit wachsender Bedeutung von Software steigt der Bedarf an deren Integration:

  • SBOM: Software Bill of Materials, etwa nach SPDX, CycloneDX, für Transparenz, Compliance und Vulnerability Management.
  • Vulnerability Management: Verwaltung von Schwachstellen (VEX), Patch-/Update-Historie, Verknüpfung mit PSIRT-Prozessen, Cybersecurity-Standards (z. B. NIS2, EO 14028).
  • Compliance: Dokumentation und Nachweisführung softwarebezogener regulatorischer Anforderungen; Rückverfolgbarkeit für Embedded und Mechatronik.

PLM-Systeme schaffen rollenbasierte Zusammenarbeit von E/E, IT, Engineering und Security.

Zentrale Funktionen eines PLM-Systems

PLM-Systeme setzen sich aus flexiblen Modulen zusammen, darunter:

  • Anforderungs- und Systemengineering (MBSE): Verwaltung und Verknüpfung von Anforderungen, Architektur, Funktionen, Logik und Tests. Unterstützung von Normen wie ISO/IEC/IEEE 29148 und 15288.
  • CAD/ECAD/Simulationsintegration: Bidirektionaler Austausch und Verwaltung von Konstruktions-, Elektronik- und Simulationsdaten (inkl. JT, STEP AP242, VEC/KBL, QIF) mit Versions- und Revisionsmanagement.
  • Stücklistenmanagement: Verwaltung und Abgleich unterschiedlicher Stücklistensichten (eBOM, mBOM, sBOM, BOP), Unterstützung von Reconciliation-Methoden; 150%- und 100%-BOMs.
  • Änderungsmanagement: Workflows für ECR (Engineering Change Request), ECO (Engineering Change Order), ECN (Engineering Change Notice/Änderungsmitteilung), Abweichgenehmigungen (Deviation/Waiver), Änderungswirksamkeit über Effectivity (Datum, Seriennummer, Los, Land).
  • Variantenmanagement: Steuerung von 150%-Strukturen, regelbasierten Optionen/Merkmalen; Kompatibilitätsmatrizen, Constraints-Engines, Kopplung zu CPQ-Systemen.
  • Konfigurationsmanagement: Nach ISO 10007/EIA-649/MIL-HDBK-61A/CMII, Verwaltung von Config Items, Baselines verschiedener Typen (functional, allocated, product), unterschiedlichen Effectivity-Methoden, Reifegradsteuerung.
  • Qualitätsmanagement: FMEA (Design/Process), Prüfpläne, CAPA, Abweichungsverfolgung, Schnittstellen zu QMS, elektronische Signaturen (21 CFR Part 11, eIDAS) und Audit-Trails.
  • Compliance- und Stoffdatenmanagement: Prüfung zu REACH, RoHS, SCIP, CMRT, EU-Batterieverordnung, Exportkontrollklassifizierung (ITAR/EAR), Integration von LCA-/ESG-Datenströmen (z. B. PCF, ESPR, Digital Product Passport).
  • Projekt- und Portfoliomanagement: Ressourcenmanagement, Meilensteinplanung, Stage-Gate-Modelle (APQP mit optionalem PPAP als Nachweisumfang, AS9145).
  • Workflow-, Rollen- und Rechteverwaltung: Feingranulare Steuerung von Verantwortlichkeiten, Zugriffsrechten, CCB-Strukturen, Klassifizierung/Marking und Schutz sensibler Daten.
  • Lieferantenintegration: Qualitätsgesicherter, gesicherter Austausch (STEP, JT, ReqIF, S-Reihe), Watermarking/IP-Schutz, PPAP-/FAI-/QIF-Daten und kollaboratives Änderungsmanagement.
  • Standardschnittstellen: Unterstützung für REST/GraphQL, OSLC, Message Bus/Event-getriebene Integration (Webhooks, MQTT, Kafka), Data Federation für Konsolidierungs- oder Föderationskonzepte; OPC UA eher optional/spezifisch.

Architektur und Betriebsmodelle

PLM-Lösungen sind als On-Premises, Cloud/SaaS oder hybride Architekturen verfügbar:

  • Single/Multi-Tenant-Cloud: Skalierbarkeit und Upgrades, Datenresidenz (Schrems II, SCCs).
  • Low-Code/No-Code Erweiterbarkeit: Schnelle Anpassung, ohne hohe Entwicklungskosten.
  • Release-Management und Upgrades: Automatisierte Migrationen, Roadmaps.
  • Vault- und Caching-Technologien: Für große Produktstrukturen und schnelle Ladezeiten (Large Assembly Handling, LOD/Streaming), optimiert für hohe Performance.

Flexibilität bei der Integration mit bereits bestehenden Landschaften ist essenziell.

Integration und Datenflüsse

Die Stärke des PLM liegt in der Integration verschiedenster Systeme:

  • CAD/ECAD/Simulation: Ein-/Auscheck-Workflows, Synchronisation von Daten über Vaults oder webbasierte Frontends.
  • ERP/MES: Übergabe von eBOM/mBOM, Dokumenten, Stammdaten und Änderungen. PLM liefert die Produktdefinition; MES steuert as-built-Informationen, EAM/CMMS/FSM die as-maintained-Daten.
  • ALM: Verwaltung und Rückverfolgbarkeit von Software-Artefakten, Release-Management, SBOM-Schnittstellen.
  • QMS/CRM/Service: Rückmeldung zu Qualität, Reklamationsmanagement und Closed-Loop-Quality-Konzepte.
  • Lieferantenportale/Datenräume: Gesteuerter Austausch, digitale Rechteverwaltung, Schnittstellen zu qualitätsgesicherter Rückführung (z. B. PPAP, FAI).
  • Interoperabilität: Unterstützung von Standards wie REST/JSON, OSLC, STEP AP242, JT, ReqIF, standardisierte Exporte für LCA/ESG.

Einheitliche Datenflüsse über sämtliche Systeme realisieren den Digital Thread – von as-designed über as-built bis as-maintained.

Lebenszyklus im Überblick

PLM begleitet sämtliche Phasen des Produktlebenszyklus:

  • Idee/Anforderung: Erfassen und Verfolgen von Markt- und Kundenbedarfen, Grundlage für Innovation.
  • Entwicklung: Bearbeitung von Modellen, Prototyping, eBOM-Erstellung, Variantenpflege, Änderungssteuerung.
  • Industrialisierung: mBOM, Arbeitsplan- und Ressourcenmanagement, enge Kopplung an MES.
  • Produktion/Markteinführung: Effektive Übergabe an ERP/MES, Änderungsverfolgung (Effectivity).
  • Betrieb/Service: Verwaltung von sBOM, Reklamationen, Ersatzteilmanagement, Zusammenspiel mit EAM/CMMS/FSM zur Pflege von as-maintained-Objekten.
  • Rückbau/End of Life: Planung von Produktauslauf, Obsoleszenzmanagement nach IEC 62402, Datenarchivierung, Recycling.

Die as-built-Information wird in MES/ERP verwaltet, während as-maintained-Daten typischerweise in spezialisierten EAM- oder CMMS-Systemen geführt werden; PLM stellt die konsolidierte Produktstruktur zur plattformübergreifenden Traceability bereit.

Varianten- und Konfigurationsmanagement

Produktvarianten und Konfiguration erfordern ausgefeilte Steuerung:

  • Variantenmanagement: Verwaltung aller Optionen, Merkmale und Regelwerke innerhalb einer 150%-BOM, abgedeckt mit Constraints und Kompatibilitätsmatrizen (Sales-, Engineering- und Service-Regeln).
  • Konfigurationsmanagement: Baseline-Typen (functional/allocated/product), klare Trennung von Engineering- und Fertigungsstruktur gemäß ISO 10007/EIA-649/MIL-HDBK-61A/CMII.
  • Abstimmung eBOM–mBOM–BOP („Reconciliation“): Sicherung der Datenkonsistenz, Integration von Routings/Arbeitsplänen.
  • Effectivity: Steuert Gültigkeiten über verschiedene Parameter (Datum, Seriennummer, Land, Einheit).
  • Traceability: Rückführbarkeit von Änderungen, Konfigurationen und Varianten über den kompletten Lebenszyklus.
  • Serien-/Chargenverfolgung: MES/ERP-basiert bei Fertigung, durch PLM-Definitionen und Service-Integrationen ergänzt.

Vorrausschauendes Varianten- und Konfigurationsmanagement fördert Wiederverwendbarkeit und stärkt die Effizienz.

Nachhaltigkeit, ESG & Obsoleszenzmanagement

PLM unterstützt Unternehmen beim nachhaltigen Wirtschaften:

  • ESG/CSRD/Digital Product Passport: Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Informationen, Unterstützung für ESPR/Battery Passport.
  • PCF/LCA-Reporting: Austausch mit LCA-Tools zur Ermittlung des Product Carbon Footprint gemäß ISO 14040/44/14067.
  • Obsoleszenzmanagement: Überwachung von Komponentenverfügbarkeit, Alternativstrategien, Integration von AML/AVL-Daten (Approved Manufacturer/Vendor List), Nachverfolgung von End-of-Life-Meldungen.

So sichern Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern auch Innovations- und Versorgungsfähigkeit.

Governance und Compliance

Für regulierte Branchen sind folgende Aspekte besonders wichtig:

  • Qualitätsmanagement (z. B. ISO 9001, IATF 16949, ISO 13485, AS9100)
  • Regulatorische Anforderungen (z. B. FDA QSR/21 CFR 820, EU-MDR, UDI, CE, Maschinenverordnung)
  • Stoffdaten-/Umweltnormen (REACH, RoHS, SCIP, Batterieverordnung)
  • Audit-Trails, elektronische Signaturen und Prüfstatus (z. B. 21 CFR Part 11, eIDAS)
  • IT-Sicherheit (ISO 27001, SOC 2, GDPR, Datenklassifizierung/Marking, IRM/DRM)
  • Validierung validierter Systeme (CSV/CSA für regulierte Branchen)
  • Datenresidenz und Compliance-by-Design

Durch PLM werden diese Compliance-Anforderungen nachweisbar und beherrschbar dokumentiert.

Kennzahlen und Erfolgsmessung

Der PLM-Erfolg lässt sich an ausgewählten KPIs messen:

  • Time-to-Market: Geschwindigkeit bis zur Markteinführung.
  • Durchlaufzeit im Änderungsmanagement (ECR/ECO/ECN)
  • Wiederverwendungsgrad: Anteil recycelter Komponenten, Module und Daten.
  • Meilensteintreue: Termin- und Budgeterfüllung in Entwicklungsprojekten.
  • Qualitätsmetriken (z. B. BOM-Konsistenz vor Freigabe, Fehlerquote in Freigaben)
  • Datenqualität: Anteil klassifizierter, geprüfter Datensätze.
  • ECO-Backlog und First-Time-Right-Implementierungsrate (Change-Implementierungsquote, ECO-Rework-Rate)
  • Such-zu-Fund-Rate (Findability)
  • BOM-Vollständigkeit vor Freigabe
  • CoPQ (Kosten der Nichtkonformität)
  • Legal Hold/Archivierungsquote

Regelmäßiges Monitoring dieser Kennzahlen führt zur gezielten Prozessoptimierung.

Typische Herausforderungen – und wie Sie sie vermeiden

Zu den klassischen Stolpersteinen zählen:

  • Übermäßige Individualisierung: Standardfunktionen vor Customizing bevorzugen, Komplexität vermeiden.
  • Unklare Datenhoheiten: Für jede Entität (z. B. Stückliste, Dokument, Artikel) eindeutig Systemverantwortung definieren.
  • Unreife Prozesse: Prozesse vor der Digitalisierung klar und realistisch gestalten.
  • Unzureichendes Change Management: Frühzeitige Information, Qualifikation und aktive Beteiligung der Mitarbeitenden.
  • Big-Bang-Implementierungen oder -Migrationen: Iterativ, validiert und risikokontrolliert vorgehen.

Diese Leitlinien fördern Projekterfolg und Akzeptanz.

Wann lohnt sich PLM?

PLM ist besonders geeignet bei:

  • Komplexen, mechatronischen Produkten: Integration von Mechanik, Elektronik, Software, Varianten, Modulen über den gesamten Lebenszyklus.
  • Verteilten Wertschöpfungsketten: Kollaboration über Standorte, Werke und Lieferanten mit sicherem, rollenbasiertem Zugriff.
  • Varianten- und Änderungsdynamik: Starke Rückverfolgbarkeit, effizientes Variantenmanagement und sich ständig verändernde Produktlinien.
  • Digitalisierungs- und Serviceansätzen: Grundlagen für Digital Thread, Digital Twin, datengetriebene Geschäftsmodelle.
  • Regulierten Branchen: Branchen mit Nachweispflichten zu Traceability, Compliance, Audit Trails, Produktsicherheit.

Auch kleinere Unternehmen profitieren durch modulare, cloudbasierte PLM-Lösungen und stufenweise Digitalisierung.

Checkliste für die Systemauswahl

Bedenken Sie bei der Auswahl eines PLM-Systems:

  • Betriebsmodell: Cloud, On-Premises oder Hybrid, Multi-Tenant/SaaS.
  • Integration und Kompatibilität: CAD-/ECAD-Integration, Standardformate (JT, STEP AP242, VEC/KBL, IPC-2581, ODB++), Interoperabilität mit ERP, MES, ALM, QMS.
  • Bedienbarkeit und Kollaboration: Intuitive, webbasierte Oberflächen, 2D/3D-Visualisierung (JT, PDF, HTML5), Markup-Kommentare.
  • Funktionale Tiefe: Traceability, Variantenmanagement, Revisionshistorie, Workflows.
  • Zugriffs- und Rollsicherheit: Feingranulare Rechte, Mandantenfähigkeit, IP-Schutz, Verschlüsselung.
  • Leistung: Performance auch für riesige Strukturen, Vault-Replikationen und große Baugruppen.
  • Kostentransparenz: Lizenzierung, Upgrades, Betriebskosten, Erweiterungsoptionen.
  • Standards und Interoperabilität: Unterstützung der wichtigsten Integrationsprotokolle (REST, OSLC, STEP, ReqIF, ggf. MQTT/Kafka), Datenexporte.
  • Compliance und Datenresidenz: Audit-Logs, Zero-Trust-Ansätze, Datenstandorte.
  • Erweiterbarkeit: Unterstützung für Low-Code/No-Code, flexible Anpassbarkeit und Release-Fähigkeit.

Ein geeignetes PLM-System wächst mit Ihrem Unternehmen und sichert nachhaltige Digitalisierung.

Häufige Fragen zu PLM (Product Lifecycle Management)

Worin liegt der Unterschied zwischen PLM und PDM?

PDM fokussiert auf das Management technischer Daten und Dokumente wie CAD-Zeichnungen – häufig inklusive einfacher Stücklistenführung. PLM erweitert dies auf vollständiges Prozess-, Varianten- und Änderungsmanagement, Compliance, funktionsübergreifende Zusammenarbeit und Integration in Fertigung, Service und Qualitätssicherung.

Muss PLM immer mit ERP integriert werden?

Eine Integration ist üblich und empfohlen, um einen durchgängigen Informationsfluss zu sichern – von Engineering bis Produktion. PLM kann jedoch auch schrittweise eingeführt werden, bevor eine tiefe Integration mit ERP erfolgt.

Wie starte ich am besten mit PLM?

Definieren Sie einen fokussierten Anwendungsbereich wie Änderungsmanagement oder Stücklistenkoordination. Klären Sie Datenhoheiten und Rollen. Integrieren Sie schrittweise angrenzende Systeme wie CAD, ERP oder MES. Iteratives Vorgehen und Pilotprojekte fördern Akzeptanz und Reife.

Eignet sich PLM auch für kleinere Unternehmen?

Ja, besonders durch cloudbasierte und skalierbare Angebote bleibt PLM auch für kleine und mittlere Unternehmen attraktiv. Erfolgreich sind fokussierte, schrittweise Einführungsprojekte mit klaren Use Cases.

Was kostet ein PLM-System?

Aufwand und Kosten hängen von Betriebsmodell, Nutzerzahl, Integrationsgrad, Datenmigration und Customizing ab. Entscheidend ist der langfristige Nutzen: Verbesserte Prozesse und Compliance kompensieren meist die Investition deutlich.

Unterstützt PLM Digital Twin und Digital Thread?

PLM ist Basis für den Digital Thread: Alle Produktinformationen werden durchgängig von der Entwicklung (as-designed), über Fertigung (as-built) bis in den Service (as-maintained) verknüpft. Diese Vernetzung eröffnet Digital-Twin-Szenarien für Simulation, Wartung und datenbasierte Services.

Wie werden Versionen und Revisionen im PLM unterschieden?

Versionen kennzeichnen Arbeitsstände im Bearbeitungsprozess (Work-in-Progress). Revisionen sind offizielle, freigegebene Produktstände. Klare Trennung gewährleistet Nachvollziehbarkeit, Traceability und Compliance.

Wie gehe ich mit bestehenden Altdaten um?

Vor einer Migration sollten Altdaten klassifiziert, bereinigt und hinsichtlich Konsistenz geprüft werden. Nur qualitätsgesicherte, relevante Informationen werden migriert; alles andere archiviert. So sichern Sie eine hohe Datenqualität im neuen System.

Welche Compliance-Features sind für regulierte Branchen relevant?

Wesentlich sind Audit-Trails, elektronische Signaturen (21 CFR Part 11/eIDAS), Material- und Stoffdatenmanagement (z. B. REACH, RoHS, SCIP), Exportkontrollklassifizierung (z. B. ITAR/EAR), validierte Workflows, automatisierte Compliance-Berichte, Zertifikats- und Prüfmanagement.

Welche Dateiformate und Protokolle werden für Integration und Datenaustausch genutzt?

Aktuelle PLM-Systeme unterstützen zahlreiche Standards wie STEP AP242, JT (ISO 14306), ReqIF, QIF, REST, GraphQL, OSLC, Kafka/MQTT sowie ISO 10303-239 (PLCS) für den Austausch, nicht aber als Teil von AP242. Die Trennung und Auswahl passender Formate fördert Unabhängigkeit und Interoperabilität.

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